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Dexter – Staffel 1 und 2

Die TV-Serie Dexter läuft nunmehr schon seit einiger Zeit auf diversen Sendern und irgendwann habe ich mir nach dem Lesen begeisterter Kritiken aus Übersee gedacht, ich muss sie mir mal extra zu Gemüte führen. Konkret die ersten beiden Staffeln, soweit sie im deutschen Sprachraum zu sehen waren. In den USA läuft bombig erfolgreich inzwischen bereits die fünfte Staffel.

Gleich eins vorweg: ich halte Dexter für hoffnungslos überbewertet und seinen Erfolg angesichts der Thematik des Alltags eines ‚moralischen Serienkillers‘ darzustellen für höchst bedenklich im Sinne einer offenbar zu geringen Reflexion.

“Tonight’s the night. And it’s going to happen again, and again. It has to happen. Nice night.“

Töten macht Spaß

Zuerst zum Positiven: die allerersten Folgen der ersten Staffel wissen eigentlich recht zu überzeugen. Grundsätzlich schon einmal eine originelle Grundidee sowie spannende Handlungsverläufe und selten aufblitzendes Genie in den Dialogen (bzw. Monologen) machen schon einiges her. Die Kombination aus tiefschwarzem Humor und surrealen Einlagen samt der üblichen Serienkiller-Kost, allerdings diesmal aus umgekehrter Perspektive, überzeugt am Anfang auf beinahe ganzer Linie. Rein handwerklich kann man der Serie auch kaum etwas vorwerfen und der Cast setzt sich zusammen aus sehr guten bis teils sogar herausragenden Darstellern, allen voran freilich Michael C. Hall als der freundliche Mörder von nebenan. Selbigen schätze ich sehr seit seiner Rolle in Six Feet Under. Dazu kommen ein visuell gelungener Vorspann und ein eindringlicher Soundtrack.

“People fake a lot of human interactions, but I feel like I fake them all, and I fake them very well, that’s my burden, I guess.“

Töten ist langweilig

Doch je mehr Folgen vergehen umso mehr enttäuscht Dexter, ja wird sogar zu einem echten bedenklichen Ärgernis. Vorhersehbarkeiten wechseln sich mit Plattitüden ab, Plotlines versiegen belanglos oder werden nur halbherzig abgeschlossen, interessante Aspekte werden vergessen oder gänzlich relativiert. So sind zwar immer wieder Ansätze von einem wirklich feinen Surrealismus oder bestem, tiefschwarzen Humor vorhanden, diese verschwinden aber schnell wieder und das übliche Massenmördereinerlei wird runter gespult. Wirklich schlimm ist dann auch die Auflösung des Handlungsstrangs mit dem ‚Icetruck‘-Killer, dessen Ausgang und ’schockierende Offenbarungen‘ man als halbwegs intelligenter Serien-Schauer schon eine Handvoll Folgen vor dem Serienfinale meilenweit gegen den Wind riecht. Maximal banal auch die Erklärung für Dexters Genesis, die den Hauptcharakter völlig entmystifiziert und auf ein reines ‚Ursache-Wirkungs-Prinzip‘ reduziert ohne irgendwelche komplexeren Zwischenspiele. In der zweiten Staffel wurschtelt sich die Serie ohnehin mal etwas ziellos dahin, zerdehnt die Haupthandlung auf zig Folgen und versucht wie schon zuvor einen künstlichen Spannungsaufbau. Für diesen werden überhaupt die Charakterentwicklungen teils aufs Ärgste hingebogen, ebenso die Fortführung der Plots, die für einen Cliffhanger oder ein bisschen Suspense so ziemlich alles an Glaubwürdigkeit gerne mal so nebenbei opfern. Offensichtlich auch die Schwierigkeiten der Drehbuchautoren mit Dexter selbst: zuerst wird er uns als gefühllose Killermaschine präsentiert, die nach einem bestimmten Kodex agiert, ehe er zu einem überemotionalen Hanswurst mutiert, der eigentlich alles inklusive seines Kodex aufgibt und somit völlig zu einer beliebigen Hülse verkommt, die eben als Spezialität Leute umbringt (aber nur die Bösen!). So offenbart sich dann Dexter ohne ein Opfer pro Folge als irgendwie ziemlich banales Arschloch, dass gerne Mal seine Freundin betrügt und alle, wirklich alle belügt dass sich die Balken biegen. Die interessante Ambivalenz geht flöten, Dexter ist nicht mehr im geringsten eine Identifikationsfigur für den Zuseher, er verkommt zu einem Charakter ohne Glaubwürdigkeit und Relevanz, sondern ist nur noch eine Aufhänger für eine Serie die auf gekünstelt provokante Art Geld machen will.

“That’s not gonna change. I’m gonna be this way forever.“

Töten ist böse

Wirklich äußerst bedenklich, wenn nicht gar menschenverachtend werden die Mordopfer dargestellt. Dexter tötet ja bekanntlich nur die ‚Bösen‘, also andere Mörder, die sich in diesem Sinne schuldig gemacht haben, aber durch das System der Vebrecherjäger fallen und weiter auf der Straße fuhrwerken können. Da schreitet Dexter ein. Natürlich sind die Bösen immer ganz eindeutig böse, kaum blitzt da irgendwo erfassbarere Menschlichkeit durch, schließlich dürfen die dem Zuschauer auch nicht leid tun. Dexter selbst ist ja doch nicht so böse, wenn nicht gar der gute Rächer (‚The Dark Defender‘). Er schwingt sich zum wahren Recht und Gesetz, natürlich stets im Sinne des Kodex (den er aber umso mehr gerade in der zweiten Staffel aus sich selbst heraus relativiert und gleich eine Sinnkrise bekommt, wenn er mal nicht morden darf). Die Opfer des ‚Icetruck-Killers‘ sind auch nur einfache Nutten, die ja ohnehin am Rande der Gesellschaft stehen und die keiner vermissen wird. Die bekommen überhaupt erst sehr spät und dann auch nur recht kurz ein Gesicht. Noch schlimmer wird‘s freilich dann, wenn Dexter tatsächlich einmal so etwa wie moralische Verantwortung übernehmen sollte oder wenn er denn indirekt das Sterben von eine der ‚guten‘ Hauptcharaktere (der freilich schon ein wenig an Sympathie einbüßen muss beim Zuschauer ehe Dexter mit ihm spielen darf) mit verschuldet. Aber da kommen dann schnell wieder die Drehbuchautoren, die alles wieder gerade irgendwie so hinbiegen, damit Dexter ja eh keine Schuld hat und die nächste Staffel auch gesichert ist. Ebenso kann eine existenzielle Sinnkrise auch mal mit einem ganz kurzen Gespräch mit dem Schwesterchen als belanglos abgetan werden, damit der Plot weitergehen darf. Da nimmt man’s mit dem Kodex auch nicht mehr so genau. Dexter ist somit unfähig, tatsächlich für sein Handeln einzustehen. Seine Opfer sind gesichtslos oder verdienen den Tod, daher darf Dexter mit ihnen auch auf brutalste Weise verfahren (wobei unser emotionsloser Heini recht sadistische Freude entwickelt). Nur die Opfer der Opfer dürfen kurz ein Gesicht bekommen (und wenn dann sind’s ja auch gern eh nur Prostituierte oder Einwanderer oder andere Kriminelle). In diesem Sinne und in der Darstellung der Opfer und des Täters halte ich Dexter für äußerst bedenklich und fragwürdig. Als nächstes kommt noch ein moralischer Vergewaltiger, der nur böse Witwen und unzüchtige Teenies… aber halt! In den USA ist natürlich ein eiskalter Mörder viel leichter im TV zu akzeptieren als einer, der im moralischen Sinne Übeltäter/innen fickt.

Am Ende der zweiten Staffel will uns Dexter auch noch weismachen, dass es weder ein Gut noch ein Böse gibt, wobei ja diese scheinbare Ambivalenz des Hauptcharakters dem Zuschauer als Triumph der Serie verkauft werden will. Jaja, Mr. ‚ich habe keine Emotionen‘, jaja, Mr. ‚ich bringe nur böse Menschen um’…

“You give me the fucking creeps, you know that Dexter?“

2 / 10

Fazit von Spenz

Was bleibt von Dexter? Ein wirklich guter Serienstart mit viel Potential, handwerkliche Größe, schöne Ansätze, gute bis sehr feine Darsteller… was aber alles völlig verbraten wird in einem Herumgebiege von Plot und Figuren um der Spannung und der Fortführung der Serie willen. Bezeichnend hierbei vor allem, dass sich Dexter von Folge zu Folge seine (moralische) Wirklichkeit so massiv beugt, wie es im gerade in den Kram passt um sein Handeln für sich (und somit auch den Zuschauer) zu rechtfertigen. Dies wird aber nicht zur Disposition gestellt innerhalb der Serie oder irgendwie anders hinterfragt (wie überhaupt das Handeln Dexters kaum ethisch, moralisch oder auch innerhalb des juristischen Rahmens hinterfragt wird). Dazu kommt ein für mich äußerst fragwürdiges, wiewohl auch bedenkliches Menschenbild, dass in der Darstellung der Mordopfer skizziert wird. Das halte ich für ein massives Problem, dieser Show und ist wohl überhaupt symptomatisch für dieses ganze 24-Folter-Killerkacke, die teils in der Fernsehlandschaft von jenseits des großen Teiches vorherrscht.

Dexter halte ich daher alles in allem für auf Hochglanz polierten Serienmüll…

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