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Iron Sky

Nun ist er ja doch endlich ins Kino gekommen. Iron Sky, der finnische Inide-Film, in dem die Nazis vom Mond die Welt erobern wollen, hat eine äußerst lange Vorproduktionszeit und auch die eigentlichen Dreharbeiten und das finale Rumschrauben an den Effekten nahmen mehrere Jahre in Anspruch. Bereits 2008 wurde er ohne genaues Erscheinungsdatum angekündigt und erste Fanartikel konnten schon bestellt werden. Die Macher stützten sich dabei auch bewusst auf stetig wachsende Menge begeisterter Anhänger, die für das Projekt begeistert werden konnten und sich direkt am Budget beteiligten. Mit einer überaus gelungenen Werbekampagne im Vorfeld wurden schließlich sogar knappe 700.000 Euro durch Crowfunding über das Internet lukriert. Die restliche Finanzierung der insgesamt 7,5 Millionen Euro geschah über Förderungsfonds und Firmeninvestments. Für eine europäische Indie-Produktion ist dies eine durchaus stolze Summe, aber dennoch kein Vergleich zu selbst kleineren Genre-Vertretern aus Übersee. Die Dreharbeiten, die in Deutschland, den USA und Australien stattfanden, konnte man via Blog und Videos mitverfolgen. Mehrere, sehr gelungene und sehr atmosphärische Trailer, erregten immer wieder die Aufmerksamkeit der globalen Community und von Filminteressierten (wozu ich mich freilich auch zähle).

Am 11. Februar 2012 fand schließlich die Premiere von Iron Sky auf der Berlinale statt. Insgesamt fielen die ersten Kritiken tendenziös wohlwollend aus, auch wenn schnell klar wurde, dass es wohl kein Meisterwerk geworden sei. Seit dem 5. April kann er nun auch bei uns bewundert werden. Ich selbst begab mich kürzlich in meiner neuen Hamburger Heimat in ein nahes Lichtspielhaus um den ironischen SF-Trash mit etwas gesteigerter Erwartungshaltung zu begutachten.

„Wir kommen in Frieden.“

Der Himmel ist voller Nazis!

1945 gelang den Nazis das Unglaubliche: mit Flugscheiben erreichten sie die dunkle Seite des Mondes, wo sie ihre neue Basis errichteten. Zwar war der Krieg auf der Erde verloren, aber hier sollte eine neue, bessere Zivilisation entstehen, die auf den Idealen des Nationalsozialismus aufbaut. Für das Jahr 2018 planen sie ihre Rückkehr, bei der sie mit einer großangelegten Invasion mit Raumschiffen die Welt erobern wollen um das vierte Reich global erstehen zu lassen.

Nur wenige Monate vor diesem denkwürdigen Tag für die Menschheit, wird eine weitere Mission der NASA auf unseren grauen Trabanten geschickt. Dies geschieht jedoch allein aus propagandistischen Zwecken für die nächsten Präsidentschaftswahlen. Daher ist der Amerikaner auf dem Mond ein schwarzes Model mit dem Namen James Washington, der nicht schlecht staunt, als er die Abbauanlagen und Basen der Hakenkreuz-Typen inmitten der Kraterlandschaft vorfindet. Der Unglückliche wird von den Nazis festgenommen und verhört.

Der neue Führer des braunen Außenpostens ist Wolfgang Kortzfleisch, allerdings schmiedet sein designierter Nachfolger Klaus Adler schon fleißig Pläne für eine ’schnelle‘ Amtsübernahme. Das junge, blonde Mädel Renate Richter sollte die zukünftige Mutter der arischen Rasse an Klaus‘ Seite sein. Ein Spähmission zur Erde in die Stadt New York wird geplant, ehe die eigentliche Invasion stattfinden soll, denn es gilt sich einer gewissen Komponente zu bemächtigen, die für die Aktivierung des ultimativen Vernichtungs-Raumschiffs mit Namen ‚Götterdämmerung‘ gebraucht wird…

„Wir kommen in Frieden.“

Trash vs. Trash

Die toll gemachten Trailer versprachen über die Jahre hinweg ein kleines Genre-Wunder, das mit viel Ironie, einer unverbrauchten Story-Idee und beeindruckenden Effekten aufwarten würde. Leider kann Iron Sky die hohen Erwartungshaltungen nicht gänzlich erfüllen. Schon früh wird klar, dass bei dieser Produktion weder am Regiestuhl, noch in der Schneidekammer oder beim Verfassen des Drehbuchs wirkliche Vollprofis am Werk waren, sondern vielmehr begeisterte Amateure, die in vielen Belangen zwar mit der gehobenen Film-Liga mithalten können, aber nur allzu oft einen unteren Standard bedienen. Ja, auch ich besitze eine große Sympathie für gut gemachten Trash, aber die Mär von den Space-Nazis ist etwas zu oft doch auch schlechter Trash.

Die Geschichte geht desöfteren arg holprig vonstatten. Phasenweise herrscht gar dezente Konfusion vor. Die Dialoge ergeben nicht immer wirklich Sinn. Es passieren auch schon mal fragwürdige Schnittfolgen. Der Rythmus geht mehrfach verloren im Verlauf des Films. Längen reihen sich an überhastete Sequenzen an. Manche Pointen gehen unter, bei manchen ist man sich nicht sicher, ob sie überhaupt als Pointe so gemeint waren. Gute Witze, schlechte Witze. Anderes wirkt bemüht oder nicht zu Ende gedacht. Verpatzte Action-Szenen gibt es ebenso wie eher übel getrickste Aufnahmen.

Alles in allem merkt man Iron Sky seine Schwächen oftmals nur allzu überdeutlich an.

“…und fegen alle diese Untermenschen von der Erdkarte.“

Spaß bleibt Spaß

Ein unterhaltsamer Kinoabend ist dieser finnische Indie-SF-Comedy-Mix aber allemal, denn hier wird auch vieles richtig gemacht. Die abstruse Prämisse des Films, nämlich der Invasion von Mond-Nazis mit UFOs, ist in jedem Fall orginell und schön trashig genug, um sich dafür gerne dafür zu begeistern. Zudem wird dank in weiten Teilen wirklich toller Spezialeffekte und einer soliden Ausstattung das Setting durchaus glaubhaft und visuell eindrucksvoll vermittelt. Vor allem die bombastischen Raumschlachten gehören daher auch zu den Highlights von Iron Sky.

Der schwarze, ironische Humor funktioniert über weite Strecken bestens. Coole Oneliner gibt es ebenso wie abstruse Situations-Komik. Außerdem wird dabei auch nicht mit deftiger Kritik an der heutigen politischen Kultur gespart. Die bösen Nazis wirken neben klischeebeladenen Amerikanern oftmals garnicht mehr so böse. Letztlich bekommen alle Nationen ihr Fett weg.

Die schauspielerischen Leistungen sind angesichts der Drehbuch-Schwächen solide bis recht ordentlich. Udo Kier als Mond-Führer ist etwas steif und bekommt nicht viele Möglichkeiten wirklich zu glänzen. Die beiden Hauptdarsteller Götz Otto als Übermensch Adler und die blonde Unschuld Julia Dietze als Renate sind durchaus lustvoll und beherzt bei der Sache. Christopher Kirby als schwarzes Model Washington wirkt phasenweise etwas deplatziert in seiner Performance. Ansonsten kann von den Nebendarstellern nur noch der Sarah Palin-Klon überzeugen. Stephanie Paul ist ihrer schrillen Überzogenheit ein kleines Highlight für sich.

Filmkenner erfreuen sich zudem über viele Anspielungen und Insider-Gags (ich verweise nur auf Stanley Kubricks Dr. Seltsam und wie ich lernte die Bombe zu lieben). Fast am besten gefallen haben mir aber die wirklich orginellen und gut gemachten Sequenzen, die so in der filmischen Standard-Blockbuster-Kost wohl kaum vorkommen dürften. Besonders die Schlusspointe und ein gewisses Gebaren im Raum der Vereinten Nationen samt Zeitlupen-Aufnahmen zuvor gehören für mich zu den besonderen Momenten von Iron Sky. Hier zeigt sich das wahre Potential dieses Streifens. Davon hätte ich wirklich gerne mehr gesehen, ebenso von der nur im Ansatz vorhandenen amtosphärischen Dichte, die in den Trailern zuvor viel versprochen hätte.

Achja: der Soundtrack von der slowenischen Avantgarde/Post-Industrial-Musikgruppe Laibach ist wirklich, wirklich toll anzuhören…

“Die Welt ist krank und wir sind die Heilung.“

7 / 10

Fazit von Spenz

Iron Sky darf in jedem Fall empfohlen werden, auch wenn eine gewisse Enttäuschung bleibt. Das Potential für eine wirklich großartige, äußerst witzige, gut getrickstes und orginelle SF-Indie-Perle war jedenfalls da, zeigt sich phasenweise auch, kann sich aber aufgrund eines gewissen Maßes an filmischer Unprofessionalität nicht gänzlich entfalten. Zu oft wirkt der Film wie das Projekt von begeisterten Amateuren mit Inszenierungs-Problemen und Drehbuch-Patzern, als von echten Könnern des Mediums, die einen stimmigen Rythmus über eine voll Spiellänge aufrecht erhalten können und wissen, wie das Timing bei Action-Szenen funktioniert oder geschliffene Dialoge pointiert vorgetragen werden.

Soviel an schlechtem Trash in Iron Sky auch sein mag, spaßiger Trash ist in jedem Fall auch reichlich vorhanden. Hier ist ein Film, der das Herz am rechten Fleck hat und daher alle Sympathien verdient, die man der meisten Standard-Blockbuster-Hollywood-Kost gänzlich absprechen muss. Objektiv betrachtet müsste ich ihn zwar ein wenig schlechter bewerten, aber die offensichtliche Begeisterung der Macher und das viele Gelungene gehören einfach belohnt, daher meine etwas ‚überwertige‘ Wertung…

PS: eines der Frühwerke der finnischen Macher, mit Namen Star Wreck: In the Pirkinning, sei noch empfohlen. Wer einen formidabelst getricksten (schauspielerisch und ausstattungsmäßig aber eher üblen) SF-Trash mit dem Clash der Universen von Babylon 5 und Star Trek sehen will, ist da genau richtig…

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