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Boy 7

Dunkelheit!

Hektisches Atmen. Das Aufflackern einer Taschenlampe, die einen U-Bahn-Tunnel erleuchtet. Aus der Ich-Perspektive erleben wir, wie wir als noch unbekannter Hauptdarsteller panisch versuchen, mit dieser scheinbar neuen und unerwarteten Situation klarzukommen. Der Auftakt von Boy 7 reißt uns sofort kompromisslos ins Geschehen und erinnert fast ein wenig an den Adrenalin-Rausch Crank. Die Wackelkamera aus der Ich-Perspektive dürfte zwar nicht allen Thriller-Fans gefallen, Spannung liefert diese erste Sequenz aber mehr als genug und wir sind ein wenig traurig, als sich der namensgebende Boy 7 (David Kross) – später werden wir erfahren, dass er Sam heißt – in einer U-Bahn-Station im Spiegel sieht und die Kamera und damit unsere Perspektive seinen Körper verlässt.

 About a boy (7)

Zu diesem Zeitpunkt weiß Sam seinen Namen nicht, er weiß nicht, wie er in die U-Bahn kam, er erinnert sich nicht an seine Vergangenheit und ganz besonders im Unklaren ist er darüber, weshalb ihn die Polizei jagt. Er folgt der einzigen Spur, die er hat: einer Visitenkarte in seiner Hosentasche, die ihn in ein Restaurant führt, wo er (s)ein Tagebuch und ein mysteriöses Mädchen namens Lara (Emilia Schüle) findet, welche sich ebenfalls an nichts erinnern kann. Den beiden gelingt es, die Polizei abzuhängen und in einem sicheren Versteck beginnen sie mithilfe des gefundenen Tagebuchs die Vergangenheit zu rekonstruieren, wobei die Handlung des Films immer wieder zwischen der Gegenwart und der ungewöhnlichen Vergangenheit der beiden Protagonisten wechselt. Zu viel soll an dieser Stelle aber nicht über die Handlung verraten werden, da der Film seine Reize aus der Aufarbeitung eben jener zieht.

 Deutschland vs. Holland?

Die Vorlage für Boy 7 ist das gleichnamige Jugendbuch der niederländischen Autorin Mirjam Mous, an welches man sich bei der deutschen Verfilmung aber nicht allzu akribisch gehalten haben dürfte, wie ein kurzer Blick auf die Inhaltsangabe des Buches zeigt. Ein spannendes Detail am Rande: In den Niederlanden wurde der Stoff ebenfalls 2015 verfilmt und unter gleichem Namen veröffentlicht. Kennerinnen und Kenner des Buches haben also die Möglichkeit, gleich zwei Verfilmungen zu vergleichen.

 Zurück in die Gegenwart

Für die deutsche Umsetzung zeigt sich der Blutzbrüdaz-Regisseur Özgür Yildirim verantwortlich, dem es auf jeden Fall gelungen ist, einen spannenden Thriller mit großartigen und glaubwürdigen Hauptdarstellern zu inszenieren. Etwas holprig und aufgesetzt wirken die Zeitsprünge.  Besonders gelungen und unerwartet hingegen ist die Charakterentwicklung der beiden Hauptfiguren. Im Verlauf der Handlung lernen wir die beiden gut kennen, wir verstehen ihre Motive und ihre Taten und fiebern so immer mehr mit ihnen mit. Besonders als die beiden das Tagebuch fertig gelesen haben und die Handlung der Vergangenheit für das große Finale in der Gegenwart mündet, nimmt die Spannung noch weiter zu.

Solider Teenie-Thriller

Leider erlaubt sich der Film auch einige unnötige Patzer, die den positiven Gesamteindruck etwas trüben. Beispielsweise wäre da eine unnötig sexistische Inszenierung mancher Mädchen, die eher in schlechte Hiphop-Videos als in einen Thriller passen. Teilweise mangelt es der Handlung an Plausibilität und wer sich halbwegs mit der Struktur von Drehbüchern auskennt, wird anhand mancher Szenen auch relativ einfach voraussehen können, wie es weitergeht. Nicht vergessen werden darf allerdings, dass es sich bei Boy 7 um keinen knallharten Krimi im Format eines Stieg Larssons handelt, sondern um die Verfilmung eines Jugendbuchs. Als solche ist die Jugendbuchverfilmung zwar sicherlich auch nicht unter den besten zu nennen und es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Inszenierung die Intensität des packenden Anfangs beibehalten hätte und dennoch ist Boy 7 ein spannendes Filmerlebnis geworden, das sich durchaus sehen lassen kann.

6 / 10

Fazit von Jo

Mich persönlich hat Boy 7 ein wenig enttäuscht, was vor allem an der sehr starken und intensiven Anfangssequenz liegt, deren Hektik und Dynamik der Film nicht halten kann. Was bleibt, ist ein solider Thriller, wobei man im Hinterkopf behalten muss, dass es sich um die Verfilmung eines Jugendbuches handelt. In meinen Augen zeigt sich das daran, dass viele dramatische Situationen letztendlich zu unspektakulär aufgelöst werden. Boy 7 unterhält über seine Laufzeit, von einem deutschen Äquivalent zu Tribute von Panem oder einer Vorzeige-Dystopie kann man aber sicherlich nicht sprechen.

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