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Harry Potter und die Heiligtümer des Todes: Teil 1

Ja, ich mag Harry Potter. Nein, ich habe bisher kein einziges Buch aus der Reihe gelesen. Hauptverantwortliche für dieses einzigartige literarische und in der Folge cineastische Phänomen ist bekanntlich Joanne K. Rowling, eine britische Schriftstellerin, deren erster Roman Harry Potter and the Philosopher’s Stone im Jahre 1997 veröffentlicht wurde. Nachdem dieser zuvor von mehreren Verlagen abgelehnt wurde, bekam er schließlich bei Bloomsbury Publishing eine Erstauflage von sage und schreibe 500 Stück (!). Inzwischen wurden von der weltberühmt gewordenen Fantasy- und Jugendbuchreihe mehr als 400 Millionen Exemplare verkauft (ein feuchter Traum für freie Autoren wie mich) und Frau Rowling hat es zur Dollar-Milliardärin geschafft und ist somit reicher als die Queen.

Hollywood liebt solche Stoffe und Hollywood liebt sichere Erfolge. Steven Spielberg (der im Übrigen auch als Regisseur für die ersten Teile im Gespräch war) soll einmal vor der ersten Verfilmung gesagt haben, es werde nie wieder so einfach werden, soviel Geld zu verdienen. 2001 war es schließlich soweit. Nach einem sehr langen Casting-Prozess, in erster Linie für die Hauptrollen der Kinder-Darsteller (die ja in den nächsten zehn Jahren auch noch vor der Kamera stehen sollten), und einer aufwändigen Vorproduktion kam Harry Potter und der Stein der Weisen unter der Regie von Chris Columbus (Kevin – Allein zu Haus) in unsere Kinos. Der Hype im Vorfeld hatte sich ausgezahlt. Die Kritik war zufrieden, Fans und Publikum begeistert. 125 Millionen Dollar Produktionskosten bei einem Einspielergebnis von knapp einer Milliarde weltweit sprechen wohl auch eine deutliche Sprache. Alle nachfolgenden Teile der Film-Reihe (mit wechselnden Regisseuren übrigens) standen diesem ersten Erfolg um nichts nach und schafften es zudem immer besser, düsterer und auch spektakulärer zu werden. Speziell der vierte Teil, Harry Potter und der Feuerkelch, hat es mir besonders angetan.

Jedenfalls war und ist für mich ein jeder neue Harry Potter ein Garant für einen zumindest unterhaltsamen Kinoabend. Nunmehr, auch mit etwas Wehmut ob des nahen Abschieds, kommt das große Finale in zwei Teilen auf die Leinwand. Warum in zwei Teilen? Sicherlich nicht nur um die goldene Kuh nochmals ordentlich zu melken, sondern wohl auch, weil der letzte Band schlicht zu umfangreich für lediglich einen 2 ½-Stünder wäre. Somit begab ich mich erwartungsvoll zur Beschauung von Harry Potter und die Heiligtümer des Todes: Teil 1 ins nächste Lichtspielhaus…

„What do you know about the Deathly Hallows?“

Gedenket den Toten

Es sollte das siebente Schuljahr für Harry Potter und seine Freunde werden, aber der Schatten des Dunklen Lords und seiner Anhänger hat längst all das verfinstert, was einst gut war in der Welt der Magie. Das Zauberministerium ist von den Todessern infiltriert. Die Hogwarts-Schule wurde zu einem gefährlichen und repressiven Ort. Ja, selbst in der Welt der Muggel ist es nicht mehr sicher und sogar der Himmel birgt tödliche Schrecken.

Harry Potter ist die einzige und letzte große Hoffnung gegen die Allmacht von Lord Voldemort. Der Orden des Phönix und die Freunde des Auserwählten versuchen ihn um jeden Preis zu beschützen. Schon mit der Flucht zum vermeintlich sicheren Fuchsbau gibt es die ersten Opfer.

Ein weiterer Angriff der Todesser zwingt Harry, Hermine und Ron dazu, nunmehr auf sich allein gestellt in London unterzutauchen. Im Unterschlupf des Orden des Phönix entdecken sie das Geheimnis der Horcruxe, die die Essenz von ‚Ihr-wisst-schon-wer‘ enthalten und sollten sie alle zerstört werden, so folgern die jungen Helden, müsste auch das schreckliche Treiben des Dunklen Lords sein Ende finden.

Der erste Horcrux ist im Zauberministerium verborgen. Dank des Vielsafttrankes gelangen die drei Freunde in der Gestalt von Mitarbeitern hinein und es gelingt ihnen tatsächlich mit dem gesuchten Medaillon zu entkommen. Sie landen in den Wäldern von England, wo sie nach einer Möglichkeit zur Zerstörung des Artefakts suchen müssen.

Nach vielen gefährlichen Irrwegen finden sie das einzige Schwert, mit dem sie den Horcrux unschädlich machen können. Auf der Suche nach dem nächsten Artefakt des Dunklen Lords geraten sie in die Gefangenschaft von ‚Greifern‘, die sich als Kopfgeldjäger der Todesser verdingen.

Harry und Ron werden in den Kerker von Malfoy Manner geworfen. Hermine erleidet Folter durch Bellatrix Lestrange, als plötzlich Dobby erscheint um seinem einstigen Befreier Harry zu Hilfe zu eilen. Es kommt zum Kampf und wieder wird dem Tod Tribut gezollt…

„I must be the one to kill Harry Potter!“

Das düstere Graublau

Ja, die vielleicht einmal als Kinderfilme etwas verunglimpfte Harry Potter-Serie ist mehr als nur etwas dunkel geworden. Noch nie war die Atmosphäre von der ersten Filmminute an melancholischer, unheimlicher und düsterer. Die Hauptfiguren sind fast die ganze Zeit über auf der Flucht und sie sind praktisch verdammt dazu, gänzlich auf sich gestellt gegen die finsteren Mächte anzukämpfen. Verzweiflung, Angst, Verletzungen, Gewalt und Tod: nichts bleibt unseren Helden erspart. Und über allem schwebt eine fast apokalyptische Stimmung eines nahenden Weltuntergangs.

Es ist nicht nur der Verlust der Kindheit oder der Jugend, die hier als Motive gesehen werden können, es ist auch die Furcht vor einer ungewissen Zukunft, vor einem in sich kollabierenden System einstiger Sicherheit, vor Korruption und Verlogenheit, der man fast zwangsläufig als Erwachsener ausgesetzt ist. Die auch daraus folgende Orientierungslosigkeit vor den so verantwortungsvollen wie auch in ihren Auswirkungen ungewissen Entscheidungen bleibt niemanden erspart.

Übrig sind schließlich nur die engsten Freunde, denen man noch wirklich vertrauen kann, auf die man in äußerster Not angewiesen ist, selbst wenn es sonst kein Halten mehr geben mag.

„These are dark times, There is no denying.“

Humanismus und Faschismus

Harry Potter, die Bücher wohl noch etwas mehr als die Filme, besaß stets eine Essenz des tiefsten Humanismus. Egal ob Außenseiter, Andersdenkende, Andersfarbige oder wenn man so will Andersgläubige: sie hatten in all ihren verschiedenartigen Facetten stets einen Platz im Universum von J. K. Rowling. Der Respekt füreinander und innerhalb einer Gemeinschaft spielte stets eine Rolle in ihren Geschichten. Etwas platter gesagt, ging es immer um den Kampf um das Gute und Wahre, um den Menschen in seiner Menschlichkeit selbst.

Die Gefahren und Bedrohungen für das humanistische Weltbild wurden aber auch stets gezeigt. Freilich oftmals nur angedeutet oder subtil gespiegelt. Aber das ist jetzt mit Harry Potter und die Heiligtümer des Todes ganz anders. Der Faschismus zeigt hier offen seine hässliche und gewalttätige Fratze. Die zu unterdrückenden oder gar zu beseitigenden Muggel stehen symbolisch für alle Ausgegrenzten und Vorverurteilten, die nach einer falschen Ideologie keinen Platz mehr haben in der Ordnung einer ‚Überrasse‘, also den magisch Begabten, die ihre Vorherrschaft über die ‚normalen‘ (!) Menschen beanspruchen.

Der Dunkle Lord wird zum Führer und Verführer, aber sein Regime über die Todesser und das Gefolge bedroht diese selbst, denn die Herrschaft des vermeintlichen Erlösers ist in seinem Schrecken für alle allumfassend.

„The longer we stay here, the stronger he gets.“

Die Elegie der Landschaft und die rasende Hast

Selten wurden die Einsamkeit und die Verlorenheit von Figuren in so eindringlicher Weise in der Weite, Kälte und letztlich auch Ästhetik von Landschaften gezeigt. Die Flucht führt die Helden praktisch quer durch England, durch verschneite Wälder, über felsige Hügel oder schier endlos scheinende Felder. All dies ist ganz wunderbar fotografiert, was einen in einem Harry Potter-Streifen in dieser Form doch etwas überrascht. Aber die Stimmungsbilder und Atmosphären sind hier gänzlich gelungen.

Fast im Gegensatz dazu stehen die zum Teil etwas holprigen Action-Sequenzen, die oftmals zu überhastet und etwas verwirrend inszeniert sind. Zwar wird mit guten Effekte und schnellen Schnitten nicht gegeizt, aber nur allzu oft ist es allein schon die Wackelkamera, die einem das Geschehen kaum noch erfassen lässt. Längere Einstellungen und besser Choreographien würde man sich da doch sehr wünschen.

“I thought you knew what you had signed up for?“

Der leise Zwischenton

Am besten ist Harry Potter und die Heiligtümer des Schreckens immer dann, wenn die Szenen zwischen Charakteren im Schauspiel und im Dialog fein funktionieren. Oft auch mit einfachen Gesten werden hier die Gefühlswelten der (zum Teil sogar gänzlich digitalen) Figuren glaubhaft dargelegt. Wie so oft sind es im Grunde die kleinen Momente, die wirklich bewegen.

Allein der Tanz zur Musik von Nick Cave ist praktisch ein Höhepunkt. Aber auch Szenen von Folter und einer Anspielung auf eintätowierte Häftlings-Nummern in KZ-Lagern bleiben in fast schockierender Weise im Gedächtnis. Wirklich wundervoll stimmungsvoll umgesetzt ist im Übrigen eine Geschichte in der Geschichte. Der Tod eine der Figuren zum Finale hin lässt einen auch alles andere als kalt.

„Fare warning, it tastes like goblin piss.“

Drei Helden und der dunkle Andere

Die Harry Potter-Filme waren von Beginn an auch Ensemble-Filme. Hierbei sei im Besonderen angemerkt, dass die gute J. K. Rowling verfügt hat, dass ausschließlich britische Schauspieler die Rollen ihrer Figuren in allen Teilen übernehmen dürfen, was stets einen gewissen englischen Charme garantiert hat.

Die vielen aus Hollywood bekannten Darsteller-Größen von der Insel kommen aber zumindest im ersten Teil des Finales der Saga nur am Rande oder gar erst im Abspann wirklich vor. Die Geschichte konzentriert sich in mehrfacher Hinsicht über annähernd die gesamte Filmlänge auf die drei Hauptfiguren Harry, Hermine und Ron. Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint sind dabei offensichtlich schon dermaßen in ihren Charakteren (nach all den Vorgängern wohl auch wenig verwunderlich), sodass ihr Schauspiel und somit auch die Dynamik untereinander einfach funktioniert. Mir hat besonders Hermine alias Emma Watson gefallen, die eine große emotionale Bandbreite ausdrückt.

Vom restlichen Cast ist es allen voran Ralph Fiennes, der in nur wenigen Szenen alle machtgierige Perfidie und alle sadistische Abgründigkeit des Dunklen Lords herrlich böse rüberbringt. Zu erwähnen seien in den Nebenrollen noch die drei erwachsenen Schauspieler, die die durch den Vielsafttrank verwandelten jungen Helden ganz großartig imitieren.

„Only *I* can live, forever.“

Die Magie der Ausstattung und der visuelle Zauber

Hervorheben will ich auch noch, dass Ausstattung und Effekten gänzlich zu überzeugen wissen. Die großen Studiokulissen, speziell im Zaubereiministerium wirken zum Teil umwerfend vom Design her. Die schwarzen Gänge, die riesigen Hallen und die finster-glänzenden Wände machen die Szenen dort zu einem Höhepunkt für sich. Der bewusst visuelle Gegensatz zu den weiten Landschaftsaufnahmen ist natürlich offensichtlich.

Und die Computeranimationen sind wohl auch so gut wie nie zuvor. Mir haben es besonders die unglaublich flüssigen Bewegungen der beiden komplett digitalen Hauselfen angetan, die zudem wunderschöne Hauttexturen haben. Über die hohe Qualität aller anderen offensichtlichen oder subtileren Effekte lässt sich auch kaum streiten.

„If we are the ones to hand Potter to the Dark Lord, everything will be as it was, you understand?“

7 / 10

Fazit von Spenz

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes ist eine recht gelungener 1. Teil vom Finale der Saga. Alleine schon die wirklich beeindruckenden Landschaftsaufnahmen machen sehr viel her. Aber ebenso sind es Ausstattung und Effekte, die überzeugen. Die auf die drei Hauptfiguren reduzierte Handlung funktioniert mit der dabei dargestellten Figurendynamik sehr gut. Da machen die längst eingespielten Schauspieler natürlich auch nichts falsch.

Die düstere Stimmung und die zum Teil äußerst dichte Atmosphäre lassen den Film phasenweise zu einem besonders eindringlichen Erlebnis werden. Die stets präsente, humanistische Note wider einem faschistoiden System wirkt in sich glaubhafter, als in so manch anderem nur allzu moralisch aufgesetzten Machwerk. Am besten haben mir meist die vielen, oftmals kleineren und subtileren Szenen (bzw. Anspielungen) gefallen, die auch immer inszenatorisch so rüberkommen, wie sie sollten.

Dabei hat der neue Harry Potter allerdings auch viele Längen in der Handlung. Gerade anfangs kommt er nur schwer in die Gänge und zwischendurch geht ein dynamischer Rhythmus auch etwas flöten. Die Action-Sequenzen sind fast immer einen Tick zu holprig oder zu verwirrend gemacht. Durch die Aufteilung des Films auf zwei Episoden will der Gesamtbogen der Geschichte allein deshalb nicht funktionieren, weil er nicht in sich geschlossen wirkt und einen spätestens nach dem Schluss (wiewohl mit einer sehr schönen Szene!) etwas hängen lässt. Auch wenn es anders kaum möglich gewesen wäre, beim Umfang des Buches, aber filmisch formal ist hier sicher ein gewisser Mangel zu vermerken.

Eine Empfehlung spreche ich in jedem Fall aber dennoch aus. Zwar lässt sich das Grande Finale von Harry Potter wohl erst mit dem zweiten Teil im nächsten Jahr in seiner Gesamtheit beurteilen, aber mich hat die Reihe jedenfalls wieder für sich gewonnen.

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