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District 9

Das Spielfilm Regiedebüt von Neill Blomkamp kombiniert Science Fiction mit Drama, Action und Dokumentarfilm. Eigentlich hätte der Südafrikaner mit dem Budget die Videospieladaption Halo drehen sollen – aus diesem Projekt wurde dann aber, bekanntermaßen, nichts. Also trat Peter Jackson (Der Herr der Ringe) als Produzent an Blomkamp heran, und bot ihm an, mit dem nun frei gewordenen Geld einen anderen Film zu drehen. So entstand District 9, der auf einem Kurzfilm Blomkamps aus dem Jahr 2006 aufbaut: Alive in Joburg. Mit reichlich Action und polarisierenden Charakteren erzählt District 9 eine Geschichte von ultimativer Rassentrennung.

„When dealing with aliens, try to be polite, but firm. And always remember that a smile is cheaper than a bullet.“

No Humans Allowed

Durch ein Problem mit ihrem Raumschiff stranden knapp eine Million Aliens im Himmel über dem Johannesburg der 1980er Jahre. Bei einer Aufklärungsmission der Menschen werden sie geborgen und in einem behelfsmäßigen Flüchtlingslager untergebracht. Dieses Lager wird schließlich zu einem Teil der Millionenstadt Johannesburg – dem District 9.

Die Situation der Shrimps (im Original: Prawns) – so werden sie von den Menschen bezeichnet – ist ein Abziehbild derer der schwarzen Bevölkerung im Südafrika des 20. Jahrhunderts. Bar jeder Hoffnung leben sie in einem völlig heruntergekommen Slumviertel. Ihr Leben – wie das vieler Randgruppen – ist bestimmt von primitivsten Bedürfnissen, Sucht und Elend. Ich fühlte mich spontan an die Darstellung der Apartheid in Cry Freedom (1987), oder des US-Südstaatenrassismus in Black Like Me (1967) erinnert. Die anfängliche Hilfe und Neugierde, die die Menschen den Aliens entgegenbringen, schlägt bald in Angst und Abscheu um. Die Menschen wollen nichts mit den Aliens zu tun haben, fühlen sich ihnen weit überlegen und fürchten diese. Die Aliens werden wahllos erschossen, missbraucht, für Experimente verwendet und entwürdigt. Ein Alien ist weniger Wert als der Schmutz unter deinen Sohlen.

Sharlto Copley (Das A-Team – Der Film) spielt Wikus van de Merwe, der durch einen Unfall auf einen dieser Aliens angewiesen ist: Christopher Johnson (Jason Cope). Copley zeigt hier einen sehr facettenreichen Charakter, denn der von ihm verkörperte Van de Merwe ist zwar ein liebender Ehemann und ein ambitionierter Angestellter – er ist aber auch ein schamloser Rassist, der seine Aggressionen auf die Aliens ungehemmt loslässt. Christopher Johnson ist einer der intelligenteren Aliens, und versucht schon seit nunmehr 20 Jahren vom Planeten zu fliehen. Dafür braucht er aber van de Merwe, und so machen die beiden gezwungenermaßen gemeinsame Sache. Ein spannender Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn innerhalb von 24 Stunden sollen die Aliens in ein weiter abgelegenes Lager ‚umgesiedelt‘ werden.

„He was an honest man, and he didn’t deserve any of what happened to him.“

Wie eine Geschichtsdoku

Neill Blomkamp kreiert mit einem Mix aus Handkamera-Sequenzen und cinematischen Aufnahmen, Experten- und Augenzeugeninterviews eine bizarr realistische Atmosphäre. So erhält man ein ziemlich genaues und ausführliches Bild vom Leben in District 9, und im Besonderen auch von der Einstellung der Menschen den Aliens gegenüber. Der gesamte Film ist im Stil einer Videoreportage gehalten, und erschafft dadurch ein beklemmendes Gefühl der Realität, wie es sonst nur eine Geschichtsdokumentation vermag. Man meint regelrecht, all das hätte tatsächlich in der Vergangenheit stattfinden können. Die Ereignisse, die hier erzählt werden, liegen Jahre zurück, und die Sprecher erinnern sich lediglich daran, wie die Dinge damals waren. Durch dieses Element gewinnt der Film ungemein an Spannung und Originalität. Auf diese Weise wird auch das leider immer noch aktuelle Thema der Rassendiskriminierung (sowie historisch gesehen der Rassentrennung) behandelt. Der menschliche Hang zur Ausgrenzung und Ausbeutung vermeintlich schwächerer Gruppen – seien es nun Indios, Schwarzafrikaner oder in diesem Fall eben Aliens – wird in dieser Genre-Parabel deutlich gemacht. Ganz leicht lassen sich die Shrimps aus District 9 durch eine beliebige andere Randgruppe, die ebenso unterdrückt wird, austauschen. Die Handlung und die emotional abstoßenden Aufhänger dieses Szenarios bleiben die gleichen.

Die schon in Herr der Ringe (Gollum!) bewährte Motion Capture Technik lässt die Aliens nicht nur in ihren Bewegungen glaubhaft wirken, sondern auch in ihrer Mimik. Diese große Chance, computeranimierten Charakteren Leben einzuhauchen, hat in den letzten Jahren vielen SciFi-Produktionen den althergebrachten lächerlichen Touch genommen. District 9 kommt vor allem dieser Aspekt sehr zu Gute, weil wir sogar in den „Schalentier“-Gesichtern der Aliens Wut, Leid oder Freude erkennen können – sie werden für uns dadurch „echter“.

Die SFX in District 9 sind schlichtweg atemberaubend. Selten bekommt man das Gefühl, die Effekte gäbe es nur um der Effekte Willen.

„We go home now?“

8 / 10

Fazit von Johanna


Der gebürtige Südafrikaner Neill Blomkamp hat sich für sein Spielfilm-Regiedebut einen sehr kontroversen Stoff ausgesucht: gerade Südafrika hat eine lange Geschichte der Segregation hinter sich, die national wie international immer noch nicht ganz verdaut wurde. Blomkamp selbst besteht darauf, mit District 9 kein politisches Statement beziehen zu wollen – zwangsläufig ist der Zuschauer dennoch mit diesem schwierigen Thema konfrontiert. Das Szenario ist kein neues, und irgendwie schämt man sich immer wieder für die menschlichen Abgründe, die sich da auftun. Der Science Fiction-Faktor allerdings, schwächt die Sozialkritik des Filmes etwas ab, so dass er trotz allem als Abendfilm genossen werden kann.

Wer Aliens einmal aus einer anderen Perspektive als der überlegenen, Welten zerstörenden sehen möchte, ist hier bestens aufgehoben. Aber nicht nur für SciFi-Fans hat District 9 einiges zu bieten, denn die Kombination aus Dokumentation, Drama und Thriller allein macht ihn schon sehenswert!

„We can’t go home. Not anymore.“

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