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Drive

Der Dänemark-Import Nicolas Winding Refn soll nach Hollywood? Da passt er doch eigentlich gar nicht hin. Auch wenn seine Underground-Dramen Pusher 1-3 mit Hollywood-Storys spielen, so erschien mir die unkonventionelle Art seines künstlerischen Wikingerepos Valhalla Rising als Grund genug für die Traumschmiede, diesen Filmemacher nicht in ihre Hallen zu lassen. Aber wer konnte auch ahnen, dass er den Studios schließlich zeigt, wie das Hollywood von heute aussehen sollte…

„He looks like someone that might be difficult to work with…“

Manche Helden sind echt

Er baut tagsüber Unfälle für rasante Hollywood-Verfolgungsjagden und nachts fährt er Räuber durch die rauen Straßen von Los Angeles. Niemand weiß etwas über ihn, außer dass er verdammt gut ist, in dem was er tut und sich an seine Regeln hält. Er hat keinen Namen. Alle kennen ihn nur als den ‚Fahrer‘.

Schließlich aber gibt er unvorsichtigerweise sein Prinzip auf, sich aus zu heiklen Angelegenheiten rauszuhalten, als er dem aus dem Knast zurückgekehrten Mann seiner Nachbarin (Carey Mulligan) einen Gefallen zu viel tut.  Der Fahrer hilft ihm, einen Raub zu begehen und in der Folge überschlagen sich die Ereignisse. Er legt sich mit den Großen an, was viel Blut und Tod bedeutet. Die brutalen Mafiosi im Gefolge von Bernie Rose (Albert Brooks) bezahlen ihren Preis, sich mit dem Falschen angelegt zu haben…

„I know a lot of guys who mess around with married women, but you’re the only one I know who robs a place to pay back the husband.“

Alte Schule neu aufgesetzt

Ich hatte ja bereits zuvor sehr viel Gutes über den Film gehört und gelesen. Nicht zuletzt wurde Nicolas Winding Refn mit dem Regiepreis in Cannes ausgezeichnet und Drive für vier BAFTA-Awards nominiert. Ich hörte von ‚Arthouse meets Grindhouse‘ und war sehr gespannt darauf, diesen Action-Thriller der alten Schule zu sehen. Ich war zwar bisher nicht wirklich mit dem Schaffen von Refn vertraut, bin aber ein großer Fan von Ryan Gosling.

Und tatsächlich: Aus dem eher lauen Drehbuch mit der unspektakulären Geschichte holt der Däne dermaßen viel heraus, dass man sich gerne von einem Highlight zum nächsten tragen lässt. Ryan Gosling ist die Idealbesetzung für den Typ von Held, wie ich ihn lange nicht erleben durfte. Er ist kalt, unberechenbar, ruhig und doch brodeln starke Gefühle hinter der steinernen Fassade. Diese sieht man entweder in den kleinen Augenblicken, in denen er mehr von sich preis gibt oder wenn seine Widersacher seinen ganze Zorn zu spüren bekommen.

Gerade mit Gosling und der verletzlichen Mulligan weiß Refn in darstellerischer Hinsicht umzugehen. Er tut nämlich das, was man im Kino oft vermisst: Er zeigt Gesichter und das Minenspiel darin so lange, wie es notwendig ist, um jede Nuance zu erkennen. Im typisch überhasteten Blockbuster-Kino von heute sind die konzentrierten Einstellungen schon vorbei, noch bevor man überhaupt in die Figur blicken konnte. In Drive kann man sich das Schweigen zwischen den spannenden Charakteren praktisch ewig ansehen. Das liegt aber nicht nur an den exzellenten Akteuren, sondern auch an den schicken Bildern, die uns Newton Thomas Siegel (arbeitete zuvor hauptsächlich als Bryan Singers Kameramann, u.a. für X-Men) liefert. Dies harmoniert ebenso überaus gelungen mit den Montagen, wie der grandios psychedelische Soundtrack. Cliff Martinez, der bereits die Musik zu Traffic – Die Macht des Kartels und Contagion komponierte, hat mir einen Soundtrack beschert, der unglaublich träumerisch und ungewöhnlich ist.

„You shut your mouth or I’ll kick your teeth down your throat and shut it for you.“

Storyschwächen treffen auf Konventionsbrüche

Es ist jedoch nicht alles so schlüssig, was in Drive geschieht. Bei der letztendlich irrelevanten Story, die bis auf ihren einzigartigen Protagonisten und die seltsam schöne Liebesgeschichte kaum etwas erzählen muss, steht Logik aber auch nicht im Mittelpunkt. Das soll nicht heißen, dass Drive vor Logiklöchern nur so trieft, es gab lediglich ein bis zwei Stellen, die deutliche Ungereimtheiten aufwerfen. Zudem sind es die exzessiven Gewaltszenen, die aus dem Muster des Films herausfallen. Umgekehrt ist der Verzicht auf eindeutige Stringenz ein Gewinn für die Inszenierung. In diesem Sinne zeigt es sich auch, dass sich Refn mit seinen Konventionsbrüchen durchaus zu behaupten weiß. Schließlich hätte der Film, wie es für Hollywood sonst üblich ist, locker eine Freigabe ab 12 Jahren bekommen können, wenn er denn auf ein solches Massenpublikum abgezielt hätte. So aber quillt im coolen LA viel heißes Blut hervor.

Schade ist es, dass Ron Perlman als jüdischer Pizzeria-Besitzer etwas deplatziert wirkt. Er passt nicht richtig in das Profil des gescheiterten Möchtegern-Gangsters und daher mangelt es ihm an einem passenden Maß an Glaubwürdigkeit. Auch Albert Brooks wurde meiner Meinung nach zu hoch gelobt. So gut er auch sein mag, eine Oscar-Nominierung, wie viele sie verlangt hatten, hätte ich ihm beim besten Willen auch nicht zugesprochen.

„For the rest of your life will be looking over your shoulder.“

9 / 10

Fazit von Moviemax

Meine Erwartungen waren sehr hoch und ich wurde nicht enttäuscht. Nicolas Winding Refn hat mir cineastische Glückseligkeit geschenkt. Aus der kleinen Story, die man scheinbar schon tausendmal gesehen hat, zaubert er einen stilsicheren Bilderreigen mit einem perfekt in Szene gesetzten Ryan Gosling. So sexy wie brutal, so cool wie entfesselt. Ein Held, der tötet um zu retten. Drive ist in seiner Inszenierung wunderbar unkonventionell und wider alle Banalitäten des handelsüblichen Action-Kinos. Er ist ruhiger und schenkt dem Schönen mehr Zeit. Seien es Blicke, Bewegungen oder der traumhafte Soundtrack. Hier wird alles vereint. Sicherlich hätte die Erzählung an sich noch besser sein können, aber das Erzählte wird mit Bild, Montage und dem famosen Hauptdarsteller Ryan Gosling zu einem cineastischen Fest der allerersten Güte.

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