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Der Hobbit – Smaugs Einöde

Der Hobbit – Smaugs Einöde ist nunmehr der zweite Teil der Hobbit-Trilogie, die bekanntlich die Vorgeschichte zum Fantasy-Epos Der Herr der Ringe (2001 bis 2003) erzählt. Wie im Vorjahr wird eines der Kapitel des erwartbaren Blockbusters auf der großen Leinwand (in 3D und HFR) kurz vor Weihnachten präsentiert. An dieser Stelle habe ich mich über Der Hobbit – Eine Unerwartete Reise bereits kritisch ausgelassen und möchte daher gar nicht näher auf diverse Details hinsichtlich der Produktion eingehen.

Meine Erwartungen im Vorfeld waren eher gedämpft, vor allem da ich vom letzten Ausflug nach Mittelerde größtenteils enttäuscht war. Immerhin erwiesen sich die Kritiker aus Übersee als überdurchschnittlich wohlwollend und letztlich ‚muss‘ man als Genre-Freund ein Werk wie dieses gesehen haben, alleine damit man mitreden kann, egal wie schlecht es schließlich sein mag. Tatsächlich war ich nach der Vorstellung milde positiv gestimmt, mehr oder weniger…

„That, my lad, was a dragon.“

Ein Drache in einem Berg…

Die Handlung setzt nahtlos am Vorgänger an. Bilbo, Gandalf und die 13 Zwerge fliehen vor den Orks weiter gen Osten. Zu ihrem Glück erreichen sie den Hort Beorns, eines sogenannten Pelzwechslers, der sie bei sich aufnimmt und vorerst vor ihren Jägern bewahrt. Weiter geht die Reise schließlich hinein in den unheimlichen Düsterwald, wo sie nach langem Irrweg von riesigen Spinnen attackiert werden. Nicht viel freundlicher als das bösartige Gezücht sind die Waldelben, die abgeschieden über ihr Reich herrschen und auf das Zwergenvolk erwartbar wenig gut zu sprechen sind. Bilbo muss seine Gefährten mehrfach mit Hilfe des Ringes, der zunehmend einen gewissen Einfluss auf ihn ausübt, retten.

Die Seestadt Esgaroth ist schließlich eine weitere Station auf der langen Reise. Von dort aus gelangen sie endlich zum Einsamen Berg, in dem der Drache Smaug über den gewaltigen Schatz der Zwerge wacht. Schließlich soll sich dort nicht nur Bilbos Schicksal entscheiden…

„Such is the nature of evil, in time all foul things come forth!“

Die beiden großen, defizitären Brocken…

Wenn man sich Der Hobbit – Smaugs Einöde, vor allem in Kenntniss des vergleichsweise dünnen Büchleins und  des schwächelnden Vorgängers sowie des ebenso erwartbar überlangen dritten Teils, kritisch zu Gemüte führt, dann drängt sich einem erneut überdeutlich der Eindruck auf, dass hier die Haupthandlung deutlich gestreckt und noch dazu um diverse, nicht gerade inhaltsreiche Nebenhandlungen erweitert wurde. In der literarischen Vorlage existiert da so manches Story-Element höchstens im Ansatz, teils überhaupt nur in den Anhängen oder wurde vom Autoren-Team schlicht frei dazu erfunden. Das Auftreten von Tauriel und Legolas sowie die bemühte Dreiecksgeschichte mit dem Zwerg Kili seien hierbei allein beispielhaft genannt. Aufgeblasen, zerdehnt und holprig erweist sich daher die Narration. Ein flüssiger, guter Rythmus, ein konsequenter Spannungsaufbau will sich in all der Zerfaselung so gar nicht einstellen. Trotz der enormen Spiellänge schafft es aber der Film den Charakteren erstaunlich wenig eindringliche oder besonders glaubwürdige Momente zu widmen. Gute Dialoge oder eine gelungene Figurenzeichnung sind daher auch die Ausnahme.

Dafür oder auch stattdessen – und dies ist die zweite, große Schwäche des Films – bekommt der Zuschauer in jeder längeren Sequenz, respektive in jedem einzelnen Setting, eine überdimensionierte Action-Szene präsentiert, die oft genug kein Ende finden will, sondern fort und immer weiter fort schreitet. Wie im ersten Teil sind es hauptsächlich Klamauk-Kämpfe, in denen natürlich keine der Hauptfiguren sterben kann oder darf, dafür werden unter anderem Orks (oder Spinnen oder Warge oder dergleichen) in regelrecht unüberschaubarer Zahl hingemetzelt. Vor allem das Fässerreiten ist ein besonders exemplarischer Fall in dem Zusammenhang. Hier ist es mehr die Langeweile (aufgelockert durch ein paar müde Lacher), die dominiert, als vermeintlich nervenzerfetzende Spannung. Lediglich die finale Auseinandersetzung bricht mit dieser Formel, auch wenn hier erneut weniger mehr gewesen wäre, speziell hinsichtlich architektonischer respektive mechanischer Exzesse in überladener Gigantomanie. An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass tiefe Abgründe als ein offenbar fundamentaler Bestandteil mittelerdischer Architektur inflationär häufig auftreten, aber freilich letztlich nie wirklich gefährlich sind, denn eine Kette zum Festhalten oder eine gut positionierte Brücke findet sich immer in genau der richtigen Reichweite oder Höhe.

„I am fire… I am death.“

Ein Drache rettet alles…

Wiederum gibt es eine Parallele zum Vorgänger: neben vielen schwachen Szenen kreiert Peter Jackson nämlich zwischendurch immer wieder Mal den einen oder anderen gelungenen, spannenden und atmosphärischen Moment, der teils sogar geniale Ansätze hat. Allen voran ist es der fabelhaft animierte Drache Smaug (im englischen Original darf man die perfekt passende Stimme von Benedict Cumberbatch genießen), der mit Bilbo den wohl mit Abstand besten Dialog im gesamten Film führt. Diese hauptsächlich verbale Auseinandersetzung im Herzen des Einsamen Berges ist in Kombination mit den trickreichen Schauwerten der eigentliche Höhepunkt der Geschichte. Leider wird dieser dann aber doch wieder etwas zu zerdehnt, ergeht sich in der Wiederholung von Sätzen mit nur geringfügiger Variation und die nachfolgende, sehr aufgesetzt wirkende und in ihrer Überladenheit wenig glaubwürdigen Action-Einlage (die so auch im Buch nicht stattgefunden hat) macht wieder viel von dem zunichte, was zuvor gewonnen wurde. Ähnlich gut gefallen hat mir lediglich der Auftritt der Spinnen im Düsterwald und der Kampf mit diesen.

Insgesamt muss man aber fairerweise anmerken, dass die Qualität des Films nicht so extrem schwankt wie im ersten Teil. Zudem wird auf dumpfeste und lächerlichste Humor-Einlagen so gut wie verzichtet, was zu einer gewissen Ernsthaftigkeit und einer verstärkten inneren Glaubwürdigkeit führt. Doch selbst die düstersten Momente erlangen nicht die epische Tiefe der Herr der Ringe-Trilogie, denn zu märchenhaft leichtfüßig und zu dramaturgisch schwach bleibt der Gesamteindruck. Stets sind genau die Momente am besten, die der literarischen Vorlage am nächsten sind. Seltsam nur, dass dies Peter Jackson nicht so recht aufzufallen scheint, denn dieser bedient offenbar viel lieber das platte Spektakel und überlange Effektorgien. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Autoren-Team tatsächlich meint, eine bessere, spannendere und sinnvoll längere Geschichte als J.R.R. Tolkien persönlich schreiben zu können und in dieser offensichtlichen Hybris eine Genialität in der erweiterten Größe des eigens dazu gedichteten Dramas erkennen will. Viel dünner und viel langweiliger als das vermeintliche Kinder-Buch ist aber das Ergebnis in Form des Drehbuchs. Dem Mainstream-Publikum, dem die enormen inhaltlichen Schwächen durch ausreichend Ablenkung ohnehin kaum auffallen mögen, kann man bei allen begrenzt notwendigen Zugeständnissen in dieser Blockbuster-Liga gewiss mehr zumuten, so bin ich mir sicher.

„I am King Under the Mountain!“

Die vielen gewöhnungsbedürftigen Bilder…

Nach wie vor etwas befremdlich finde ich den visuellen Eindruck, der uns da in der Trilogie präsentiert wird, denn abgesehen vom 3D-Effekt wird hier erneut die relativ neuwertige Technik von 48 Bildern pro Sekunde anstatt der sonst üblichen 24 Bildern pro Sekunde (als HFR, sprich High Frame Rate) angewendet. Dadurch entsteht eine starke Künstlichkeit, die Computeranimationen oder Kulissen leichter als diese identifizieren lässt, umgekehrt echte Schauspieler und tatsächliche Landschaftsaufnahmen etwas irrealer erscheinen. Dies mag vielleicht nur eine Gewöhnungsfrage sein, aber für mich ergibt sich ein gewisser Immersions-Verlust. Bei einem Fantasy-Film mit märchenhafter Atmosphäre ist dies insgesamt wohl weniger problematisch, aber für rein dramatische Werke kann ich mir nicht vorstellen, wie ein solcher Look, ohne jegliche Unschärfe und mit verlorenem Realismus, funktionieren soll.

Zudem hatte ich den Eindruck, dass sich der 3D-Effekt erstaunlich schnell abnützte und nach kaum einer halben Stunde so gut wie nicht mehr auffiel. Den vermeintlichen Bonus im Schauwert empfand ich schließlich irrelevant bis sogar eher störend.

„Well, thief! Where are you?… Come now, don’t be shy. Step into the light…“

5 / 10

Fazit von Spenz

Der Hobbit – Smaugs Einöde ist ein Film, der das Spektakel, den Schauwert, die Technik und den Eskapismus abfeiert. Inhaltlich unterfordert er definitiv, während er visuell und formal eher überfordert. Eindeutig auf der Strecke bleiben in all der action- und effektreichen Überladenheit eine ausreichende Figurenzeichnung sowie eine konzentrierte Narration. Die Handlung der literarischen Vorlage ist im Kern wohl noch vorhanden, wird aber enorm überdehnt und zudem mit teils überflüssig wirkenden Nebensträngen erweitert. Die aufdringliche Künstlichkeit im Look ist zumindest gewöhnungsbedürftig, mag aber im Kontext der märchenhaften Welt stimmig sein.

Es gibt gewiss das eine oder andere Highlight in diesem höchst gefälligen Fantasy-Spektakel und fairerweise muss man anmerken, dass gegenüber dem Vorgänger allein aufgrund des Verzichts auf allzu platte Humor-Einlagen eine qualitative Verbesserung offenkundig ist. Peter Jackson wirkt in seiner Inszenierung etwas ausgeglichener, schwankt weniger zwischen den Extremen. Dies macht den zweiten Teil marginal besser, umgekehrt fehlen diesem etwas mehr die wirklich herausragenden Momente.

Mir persönlich waren aber leider die Figuren zu unglaubwürdig, zu wenig fassbar und interessant, sodass mir deren Schicksal meist gänzlich egal blieb. Zudem ist mir die gesamte Narration viel zu zerfasert, als dass sich für mich ein guter Rythmus mit einem entsprechenden Spannungsbogen ergeben hätte. Da diese beiden Elemente aber der eigentliche Kern einer jeden guten Geschichte sind, ist für mich Der Hobbit – Smaugs Einöde letztlich kein tatsächlich gutes und gelungenes Werk.

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