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True Blood – Staffel 2

Gleich mal vorab: Staffel 1 von True Blood wurde bereits an dieser Stelle ausführlich behandelt. Es empfiehlt sich selbigen Artikel zu lesen um eine informative Einführung in diese immer erfolgreichere Produktion des US-amerikanischen Pay-TV-Senders HBO zu bekommen.

Wie dem auch sei, nunmehr halte ich seit Kurzem die 2. Staffel mit 12 Folgen zu je runden 50 Minuten auf DVD in meinen Händen. Die Beschauung ist abgeschlossen und kann wohl nach dem Reinkippen in einen nicht allzu üblichen Serien-Rausch als höchst genussvoll bezeichnet werden. Der Genre-Geek in mir ist ebenso befriedigt wie der Charakter-Liebhaber und der Drehbuch-Fetischist. Kreator Alan Ball (American Beauty, Six Feet Under) hat es wieder geschafft. Er hat mich wieder überzeugt.

Is there blood in my hair?“

Kirche, Krieg und Kult

Drei Haupthandlungsstränge umfasst die zweite Staffel von True Blood (milde Spoiler-Warnung von mir für die nachfolgenden Zeilen). Zum einen begleiten wir Sookies Bruder Jason auf seiner ‚Erlösungstour‘ in der erzchristlichen Organisation ‚Fellowship oft the Sun‘, die offenbar Vampire besonders zu hassen scheint. Natürlich wird die heilige Wertegemeinschaft als doch nicht ganz so heilig entlarvt. Auch was Sex betrifft, natürlich.

Direkt in Zusammenhang mit dem Geschehen innerhalb innerkirchlicher Kreise steht das Verschwinden eines so alten und wie mächtigen Vampirs mit Namen Godric, zu dem Eric, blutsaugende Autorität und Besitzer des ‚Fangtasia‘, eine besondere Beziehung hat. Um diesen mysteriösen Vorfall in der höheren Hierarchie der Untoten aufzuklären, bedient sich Eric der übersinnlichen Kräfte von Sookie, was zu einigen dramatischen Zuspitzungen führt.

Im Südstaaten-Kaff Bon Temps selbst kommt es wieder zu einer brutalen und unerklärlichen Mordserie. Eine gewisse Maryann sorgt zudem für mehr als nur ausgelassene Stimmung bei den örtlichen Bewohnern. Ekstatische Orgien werden in nur allzu heißen Nächten gefeiert und letztlich müssen wieder Opfer gebracht werden.

Hinzu kommen noch mehrere Nebenhandlungsstränge, die sich fast gänzlich auf eine ganze Reihe von Nebencharakteren und deren Entwicklung konzentrieren. Besonders die unfreiwillig zum Vampir gewordenen Jessica muss einiges durchmachen. Detective Andy Bellefleur darf zum Helden werden. Lafayette wird sein Mojo etwas genommen und Sam entdeckt ganz neue gestaltenwandlerische Seiten an sich.

„Is it my fault my fangs come out when I get turned on?“

Zwei ist mehr als Eins

Ja, in Season 2 von True Blood geht es ab. Und wie. Während die erste Staffel noch zäh begann und zwischendurch mal fast Langeweile aufkommen ließ (wenn auch wirklich nicht oft), steigern sich jetzt sämtliche Handlungsstränge auf eine spannendere, epischere und schließlich auch gänzlich irrwitzigere Ebene. Das heißt auch höher hinauf in der Hierarchie der Vampire, heißt auch mehr Politik und Glaube, heißt auch noch mächtigere übersinnliche Wesen. Zwar ist der zwischenmenschliche Fokus nach wie vor vorhanden, dieser wurde aber sicherlich in den ersten zwölf Folgen deutlich mehr bedient. Im Übrigen: wenn man etwas zwischen den Zeilen der Serie liest, so geht es fast durchgehend für alle menschlichen wie übernatürlichen Figuren darum, dass sie geliebt werden wollen. Sterbliche, Vampire, Gestaltenwandler und sogar Götter: alle suchen Anerkennung, Nähe und eben Liebe. Im Grunde ist dies ein sehr humanistischer Aspekt von True Blood.

Alle drei Main Plots sind stark inszeniert, bauen schlüssig aufeinander auf und werden fulminant aufgelöst. Wir bekommen dabei nicht nur eine Reihe neuer Charaktere zu Gesicht, sondern dürfen auch mit bereits bekannten Nebenfiguren, die in vielerlei Hinsicht vertieft und weiter ausgebaut werden, noch mehr mitleiden. Dabei ist der grandiose Cast so gut wie eh und je, wobei viele Darsteller umso deutlicher beweisen, wie viel sie drauf haben.

Etwas weniger Humor vielleicht, dafür umso mehr an Spannung, völlig irrsinnigen Ideen und zum Teil recht heftiger Action. Viel Spaß also. Die Drehbuch-Geister waren wahrlich hold zu den Autoren.

„Bullshit, God has horns!“

Die paar trüben Wässerchen…

True Blood Season 2 ist niemals wirklich schlecht, ganz im Gegenteil. Es holpert nur manchmal.

Zum einen haben manche der Spezialeffekte eine überraschend niedrige Qualität. Dies mag vielleicht nicht so aufmerksamen Zusehern nicht so deutlich auffallen, aber gewisse Verwandlungsszenen, die eine oder andere Explosion oder schlicht ein composing shot von einem Gebäude wirken für eine so hochklassige Produktion etwas billig.

Und manchmal gibt es kleine Logik-Löcher. Da laufen die Charaktere schon mal sehenden Auges in eine unüberwindliche Falle hinein oder das Nest eines hochrangigen Vampirs ist vollkommen unbewacht, auch wenn man längst die Gefahren einer gewissen Organisation kennt. Ganz schlüssig sind gewisse Motivationen und Entscheidungen mancher Protagonisten auch nicht immer. Auch fehlt es mir bei den Vampiren einen Tick zu sehr an Grausamkeit und Brutalität. Etwas weniger verschroben und phasenweise fast menschlicher als die Menschen wäre doch netter gewesen.

Meiner Meinung nach ist die größte Schwäche des Serien-Schöpfers Alan Ball sein Hang zu Überdramatisierung, wobei gerade seine vorangegangene Produktion Six Feet Under ein Lehrbeispiel dafür ist. Dummerweise leidet True Blood gerade zum Schluss hin auch etwas darunter. Es gibt keine Verschnaufpausen für die Figuren. Ständig folgt einem schrecklichen Ereignis, einem Tiefschlag für einen Charakter gleich das nächste große Drama. Deutlich sieht man dies alleine schon daran, dass sämtliche Ereignisse von True Blood  sich bisher innerhalb von nur wenigen Wochen abspielen. Das wirkt nicht nur überhastet, sondern auch unglaubwürdig. Weniger ist eben doch mehr.

There are centuries of love and faith between us.“

8 / 10

Fazit von Spenz

True Blood war mit Staffel 1 schon eine tolle Serie, jetzt ist sie zum Teil schon richtig großartig. Alles wirkt größer, epischer, besser. Die höherrangigen Ebenen der Vampire und überhaupt deren politische Strukturen sind alleine schon ein Faszinosum für sich. Die so böse wie witzige Kritik an erzkonservativen, erzkatholischen Ideologien und religiösem Fanatismus funktioniert mit dem Handlungsstrang um die ‚Fellowship oft he Sun‘ besonders prächtig. So nebenbei bekommt dabei Jason Stackhouse eine ganz wundervolle Charakterentwicklung geschenkt.

Wobei mir haben es ja besonders gewisse Nebenfiguren angetan, die mit Staffel 2 groß rauskommen dürfen. Detective Andy Bellefleur kann mal besonders aufdrehen und mit seinem Witz ist er ein echter Gewinn für die Serie.  Die Handlung rund um Godric ist auch mehr als nur gelungen. Zwar mag die Performance des erst 18jährigen (!) Darstellers anfangs gewöhnungsbedürftig sein, aber letztlich bekommen wir mit ihm einen der besten Momente in der gesamten Serie präsentiert. Mein Lieblingsuntoter Eric darf da auch brav mitleiden. Und in die so rothaarige wie blasse Jungvampirin Jessica habe ich mich wohl zwischenzeitlich verliebt. Ihr werden viele schöne, besonders zärtliche Momente gegönnt, aber auch ein paar arg Grausame (samt einer Idee, die fast jenseitig genial und zugleich beinahe abartig ist). Unglaublich wie die absolut famose Darstellerin Deborah Ann Woll in manchen Szenen regelrecht zu strahlen vermag…

Und zum Finale hin wird die Serie zum reinsten Irrwitz. Da sind den Drehbuchautoren mehr als nur ein paar Pferde durchgegangen und so nebenbei wird einer meiner Top-Filme The Wicker Man ganz wundervoll zitiert.

Also, beide Daumen hoch für True Blood Season 2! Die paar Schwächen, die sie ohne Zweifel auch hat, kann man gnadenvoll übersehen. Mich hat wie gesagt spätestens mit Folge 9 ein echter Serien-Rausch gepackt (was heißt, ich musste einfach weiterschauen und befand mich gänzlich in einem Immersions-Effekt), was ein wirklich sehr gutes Zeichen ist und schlicht eine Menge Spaß bedeutet.

Fans der ersten Staffel werden diese umso mehr lieben und all jene, die bisher vielleicht nicht ganz so überzeugt waren, könnten hiermit in echte Fangbangers verwandelt werden.

DVD-Extras:

Reichlich Audiokommentare finden sich auf fast sämtlichen Silberscheiben, wobei nicht alle besonders informativ oder witzig zum Anhören sind. Wenn die Darsteller nur noch Lobpreisungen für ihre Kollegen von sich geben, wird es etwas langweilig. Recht gelungen sind mehrere kurze Clips der ‚Fellowship of the Sun‘, wo gekonnt befremdliche Christen-Videos aus den USA persifliert werden. Außerdem bekommt man dabei die wunderbaren Charaktere Steve und Sarah Newlin nochmal zu sehen. Der fiktive Vampir-Report ist zwar höchstens solide, aber er erweitert immerhin das True Blood-Universum um ein paar Aspekte.

Alles in allem habe ich schon deutlich bessere und reichlichere Extras bei Serien-DVDs vorgefunden, aber zumindest einige tolle Audiokommentare sind neben der schieren Freude ob des Besitzes der Box den Kauf schon wert.

Eins noch: es sei unbedingt und dringlich die englische Originalversion von True Blood empfohlen! Die deutsche Synchronisation ist für eine HBO-Produktion überraschend missraten gelungen. Die Sprecher sind zum Großteil unpassend und alleine der logischerweise entfallende Südstaaten-Slang ist ein großer atmosphärischer Verlust.

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