Alfred Hitchcocks Ein Cocktail für eine Leiche, Sydney Lumets Die zwölf Geschworenen, Ingmar Bergmans Persona oder Michael Hanekes Funny Games, um nur einige zu nennen, sind Klassiker der Filmgeschichte und reduzieren die Handlung größtenteils auf einen einzigen Raum. Diese filmischen Kammerspiele schaffen es den Zuschauer ohne große Spezialeffekte oder sonstige Gimmicks in ihren Bann zu ziehen. Doch niemand wagte es bisher, sich in seinen Möglichkeiten derart zu limitieren wie Rodrigo Cortés in Buried.
„I’m buried in a box. I’m buried in a box!“
Tiefsinnig
Lebendig begraben zu werden, ist wohl mitunter das Schlimmste, was einem Menschen widerfahren kann. Während zahlreiche Filme sich dieser Angst in einzelnen Szenen widmen, man denke da beispielsweise an Uma Thurman in Quentin Tarantinos Kill Bill, der in der besagten Szene übrigens Lucio Folcis City of the Living Dead, oder zu Deutsch, Ein Zombie hing am Glockenseil, zitiert, treibt es der spanische Regisseur Rodrigo Cortés mit seinem Langfilmdebüt Buried auf die Spitze. Über anderthalb Stunden verbringt der Zuschauer gemeinsam mit dem Protagonisten im Inneren eines Sarges und durchlebt einen klaustrophobischen Höllentrip der besonderen Art.
Der für die Firma CRT tätige Lastwagenfahrer Paul Conroy (Ryan Reynolds) erwacht einige Meter unter der Erde lebendig begraben in einem Sarg. Er war Teil eines Convoys, der im Irak Hilfsgüter transportieren sollte. Dieser wurde jedoch überfallen und Pauls Kollegen erschossen – er scheint als Einziger entführt worden zu sein. Nur mit einem Zippo, einem Flachmann, einem auf Arabisch eingestellten Handy und einem Bleistift ausgestattet, versucht er herauszufinden, wer hinter dem Überfall steckt und wie er sich aus dieser misslichen Lage befreien kann.
„Your ransom video already has 47,000 hits on YouTube.“
Charakterliche Tiefe
Hauptdarsteller Ryan Reynolds (Adventureland, Blade: Trinity) trägt den gesamten Film allein auf seinen Schultern und liefert als lebendig Begrabener eine sehr glaubwürdige Performance ab. Sämtliche anderen Charaktere sind, bis auf eine kurze, drastische Ausnahme, nur am anderen Ende des Mobiltelefons zu hören und vor allem dazu da, Hintergrundinformationen zu Pauls Charakter zu liefern. So erfährt man zwar einiges über sein Privatleben, richtig identifizieren will man sich aber dennoch nicht mit ihm. Das fehlende Identifikationspotential tut dem filmischen Vergnügen jedoch keinen Abbruch: Reynolds wächst dabei, wenn man so will, mit der Aufgabe und besticht mit Fortdauer des Streifens mit einer großartigen Leistung, die den Zuschauer in Kombination mit der beklemmenden Inszenierung nicht mehr loslässt.
Obgleich sich die gesamte Handlung nur im Inneren des Sarges abspielt, wird durch Pauls Telefonate mit der Außenwelt eine durchaus spannende Story samt einiger überraschender Wendungen kreiert. Verantwortlich hierfür zeigt sich das Drehbuch von Chris Sparling. Zwar ist man hie und da gewillt über Sinn und Notwendigkeit von dramaturgisch etwas übertriebenen oder auch unlogischen Elementen nachzudenken, kommt aber eigentlich gar nicht dazu, da der Film schlicht keine Zeit dafür lässt. Als Sinnbild kann hier der Akku des Handys gesehen werden, der sich mit der Zeit klarerweise langsam dem Ende neigt.
Die Kamera bleibt dabei stets gemeinsam mit dem Gefangenen unter der Erde und schafft es trotz des engen Raumes immer in Bewegung zu bleiben. Respekt gebührt hier dem spanischen Kameramann Eduard Grau (A Single Man), der es schafft, gekonnt ein Gefühl der Klaustrophobie und Hilflosigkeit zu übermitteln.
„It’s over, isn’t it?“
Fazit von Volle
Mit einem Budget von gerade einmal drei Millionen Dollar zeigen Rodrigo Cortés und sein Team, was auf engstem Raum alles möglich ist. Die Bilder von Grau, gepaart mit Ryan Reynolds schauspielerischer Leistung, der hier zeigt, dass er fernab von diversen Rom-Coms durchaus etwas auf dem Kasten hat, sorgen für Psychohorror auf allerhöchstem Niveau. Auch Vergleiche mit Großmeister Alfred Hitchcock braucht Buried keineswegs zu scheuen. Mit Sicherheit eines der Highlights des vergangenen Kinojahres.
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