Es ist getan. Die romantisch-mythische Vampir-Saga Twilight hat im Kino nun mit Breaking Dawn – Teil 2 seinen Abschluss gefunden. Selbiger wurde wohl von den fanatischen Fans ebenso sehnlichst erwartet wie von den ähnlich fanatischen Hassern (denn die müssen sich über keine Fortsetzungen mehr ärgern). Zum Vorgänger, zum Rest der Reihe und zum Phänomen an sich habe ich mich übrigens bereits ausführlichst an dieser Stelle ausgelassen. Ich erspare mir daher eine längere Einleitung.
Erwähnenswert ist zu diesem Zeitpunkt noch, dass der auf Stephenie Meyers Roman-Reihe basierenden Film mit einem Budget von 120 Millionen Dollar am ersten Wochenende bereits 340 Millionen eingespielt hat und damit den erfolgreichsten Blockbuster-Start außerhalb der Sommer-Saison hingelegt hat. Wobei dies nicht gänzlich unerwartet war freilich.
Etwas unerwartet für mich ist allerdings die Tatsache, dass Breaking Dawn – Teil 2 die qualitativen Untiefen der Vorgänger doch nicht zur Gänze erreicht hat und somit nicht das Schlimmste ist, was das Kinojahr 2012 hervorgebracht hat…
„This is a crime.„
Krieg der Vampire
Bella ist zum Blutsauger geworden. Unsterblich und mit übermenschlichen Kräften ausgestattet muss sie erst lernen, mit ihren neuen Fähigkeiten umzugehen und ihren Durst zu kontrollieren. Als erfreulichen Nebeneffekt der Transformation kann sie nun endlich den Sex mit ihrer ewigen Liebe Edward richtig genießen.
Ihr gemeinsames Kind Renesmee, das halb Mensch und halb Vampir ist, wächst wohlbehütet bei ihren Eltern unter der Vampir-Familie der Cullens auf. Allerdings reift es ungewöhnlich schnell heran.
Als der Herrscher-Klan der Volturi davon erfährt, glauben sie eine vermeintliche Bedrohung in diesem jungen Wesen zu erkennen. Sie rufen ihre Untergebenen zu sich um mit einer Armee gegen die Cullens zu ziehen, die wiederum eigene Verbündete versammelt haben. Eine schreckliche Schlacht droht, die das Schicksal aller Vampire bestimmen wird…
„You are all fools.„
Weniger Liebe, dafür mehr Gekloppe
Wenn man sich Breaking Dawn – Teil 2 zur Gänze angetan hat, fällt einem vor allem eins auf: das bisher regelrecht zerdehnte und überbetonte Liebes-Geschwurbel der Vorgänger-Teile spielt hier eine weit geringere Rolle. Klar, Bella und Edward dürfen auch hier wieder minutenlang in den rotbraunen Blutsauger-Äuglein der jeweils anderen Person ertrinken, klar, etwas Gefummel und Schmuserei ist immer noch drin (immer mit dem passenden Gedudel untermalt), aber den Hauptteil der Handlung nimmt einerseits das Zusammenstellen einer Vampir-Armee im Dienste der Vorzeige-Untoten der Familie Cullens ein und dann vor allem eine nicht unheftige Schlacht als großes Finale der Saga.
Letzteres hat zugegebenermaßen sogar einen gewissen Unterhaltungswert. Die verschiedenen Vampir-Klans verfügen nämlich über diverse Superhelden-Kräfte, die hier allesamt zum Einsatz kommen. Die X-Men lassen grüßen. Da wird schon mal die Erde bis zur Lavaschicht aufgebrochen, heftig rumgeblitzt oder endlose Pein mental zugefügt. Dazwischen metzeln sich die Blutsauger auf höchst effiziente Art gegenseitig nieder, nämlich durch die Kunst des Köpfens. Es spritzt zwar kein Blut, aber sonst erstaunt die explizite Darstellung, nicht zu zuletzt bei einer Altersfreigabe von 12 Jahren (!). Ein paar grummelige Werwölfe tummeln sich übrigens auch dazwischen. Dieses Schauspiel ist durchaus etwas unerwartet und will irgendwie nicht so recht zum Rest der Saga passen. Tja, natürlich gibt es dann einen recht harten Twist, der den heftigen Show-down mehr als nur relativiert. Die Enttäuschung musste ja folgen.
„Ugh, please!„
Kindergarten-Horror und Grundsatzfragen
Abgesehen davon, ist in Breaking Dawn – Teil 2 der Fokus eindeutig auf dem milden Fantasy-Horror-Setting, was vielleicht sogar etwas interessant sein könnte, wenn deren Exposition in weiten Teilen nicht reichlich wirr und schwer nachvollziehbar vermittelt werden würde. Zudem ist die Darstellung der im Sonnenlicht strahlenden Vampire und der putzig rumtollenden Werwölfe eine derartig lächerlich verharmlosende Kindergarten-Variation ihrer mythisch-klassischen Vorbilder, sodass man sich darüber nach wie vor nur ärgern kann.
Grundsatzfrage: welchen fundamentalen Nachteil hat es ein Vampir zu sein? In Twilight offenbar keinen, denn allein von Tierblut lässt es sich glücklich leben (die ‚vegane‘ Lebensweise), mit der Unsterblichkeit wird ewige Jugend gewahrt, das Sonnenlicht erhellt nur den Teint und sonst genießt man die Vorteile übermenschlicher Kräfte und problemloser Verhütung. All die Tragik, all die Verlorenheit und all das hieraus resultierende Drama wie jenes von Bram Stokers Dracula ist hier ohne jegliche Relevanz. Umso mehr stellt sich die dringliche Frage, warum Edward seine liebe Bella nicht schon 4 Teile vorher zum Vampir gemacht hat? Es hätte beiden endlos langweiliges Herumgeeiere und Rumgequäle nicht zuletzt in Sachen Sex erspart.
„The Cullens, they’ve done something terrible.„
Zwischen den Zeilen
Über mormonische Botschaften, fast schon totalitäre Überhöhung eines Liebes-Ideals und der dezenten Proklamationen zur Unterdrückung der Frau, wie sie im letzten Teil zuvor nicht gerade undeutlich werden, will ich mich hier gar nicht weiter auslassen, aber in Breaking Dawn – Teil 2 huldigt die Autorin Stephenie Meyer einem weiteren vermeintlichen Ideal, nämlich jenem der reichen, weißen Großfamilie aus der Oberschicht, die nach moralisch einwandfreien Werten lebt. Die ‚veganen‘ Cullens entsprechen nämlich ganz und gar diesem erzkonservativen Prototypus der ‚besseren Menschen‘, die (so wie deren nahe Verwandte) natürlich teils wie Supermodels aussehen. Auffällig, dass die gute Bella erst dann zu einer gestärkten Frauenfigur wird, als sie zur Vampirin transformiert deren (Un)Lebensweise zur Gänze übernimmt.
Die ‚Cullensche Verherrlichung‘ wird umso mehr im Negativ der anderen Vampir-Klans deutlich, die sie für sich gewinnen können: klischeehafte Ausländer, meist schlecht gekleidet und stinkend, oftmals hübsch exotisch im Sinne des edlen Wilden, gerne auch unrasiert und mit einem auffälligen Faible für dunkle Farben. Manche davon sind freilich etwas treulos oder zumindest fragwürdig motiviert.
Wirkt alles ein wenig so, als würde unter dem Deckmäntelchen der Fantasy ein bedenklich idealisiertes und zugleich banal simplifizierendes Weltbild für verstockte Republikaner der ‚Tea Party‘-Bewegung zusammengestoppelt. Die Volturi wären demnach die steuergeilen Bürokraten aus Washington, aber ich will es mit Interpretationen jetzt nicht übertreiben…
„You will not change your mind, even after you see the truth!„
Fazit von Spenz
Breaking Dawn – Teil 2 ist wider Erwarten keine komplette cineastische Katastrophe, ja sogar der beste Ableger der Reihe, wiewohl das bei dem bisherigen äußerst tiefliegenden Niveau keine große Kunst ist. Ich würde nicht sagen, dass ich mich halbwegs unterhalten gefühlt hätte, aber immerhin hat mich weder überwältigende Langeweile überkommen noch grenzenloser Ärger ob des Dargebotenen. Naja, meistens zumindest (vielleicht bin ich auch schon zu abgestumpft), denn allein schon die in weiten Teilen erschreckend platten und unbeholfenen Dialoge machen einem laufend klar, dass hier mit der erstaunlichen Summe von 120 Millionen Dollar ganz großer Fantasy-Müll erzählt wird.
Twilight-Fanatikern ist es ohnehin völlig egal was ich hier verfasse und die werden sich höchstens darüber ärgern, dass es keine halbstündige Verlängerung mit reinem Liebesgeschwulst zu erleben gab. Alle anderen sollten getrost einen weiten Bogen um dieses Machwerk machen, denn den bunten Bilderreigen aus einem verkitschten Horror-Kindergarten mit völlig überzogener Romantisierung eines fragwürdigen Liebesideals und pseudoreligiösen sowie erzkonservativen Botschaften zwischen den Zeilen muss man nicht unbedingt ertragen haben.
Sollte ein unbedarfter Kino-Geher sich aus unerfindlichen Gründen dennoch in Breaking Dawn – Teil 2 verirrt haben, so spende ich hiermit milden Trost mit der Feststellung, dass es tatsächlich schlimmere Arten der Zeitverschwendung gibt, wenn deren Zahl allerdings durchaus überschaubar sein dürfte…
PS: Legenden berichten, dass Vampire und Werwölfe in vergangener Zeit wirklich coole und gemeinhin gefürchtete Monster waren. Im kalten Licht der Geschichte werden aber Historiker ohne Zweifel zur konsequenten Übereinkunft kommen, dass es Twilight war, das zu einer so radikalen wie erschreckenden Zäsur in dieser allgemein anerkannten Sichtweise führte…
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