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Into the Dark – spielbarer Horror für B-Movie und Trash-Fans

Auch abseits von milliardenschweren Hollywoodproduktionen findet man viele interessante Projekte denen wir unsere Aufmerksamkeit schenken wollen. Wie es bei Independent Produktionen üblich ist, wandern auch wir außerhalb bereits eigetretener Pfade und präsentieren euch mit Into the Dark als ersten Artikel in dieser Kategorie keinen Film, sondern eines der möglicherweise außergewöhnlichsten, aber in jedem Fall trashigsten Computerspiele des Jahres.

Das spielbare B-Movie, die Versoftung eines Genres

Das Cover von Into the Dark.

Der Ausdruck „B-Movie“ wird von Filmfans in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet, die ursprüngliche Nutzung zur Bezeichnung für einen „Low Budget Film“ lässt sich heute jedoch nicht mehr vollkommen schlüssig anwenden. Einerseits können mit geringem Budget produzierte Arthouse- und Independent Streifen qualitativ durchaus mit A-Titeln konkurrieren (Memento), während andererseits teure Produktionen mitunter entweder gewollt (Snakes on a Plane) oder unfreiwillig (Battleship) eindeutigen B-Movie-Charakter aufweisen.

Als das niederösterreichische Spiele-Entwicklungsstudio Homegrown Games März 2010 ein „playable B-Movie“ ankündigte, sorgte dies für einige Aufmerksamkeit in der Indie-Szene, vor allem aber für Verwirrung. Denn während B-Movies ein eigenes Filmgenre darstellen, das eine mittlerweile jahrzehntelange Tradition besitzt, wurde bis dato, zumindest offiziell, kein Computerspiel gewollt als „Trash“ oder eben „B-Game“ konzipiert und entwickelt.

Wenig Geld, viel Arbeit

Die Hintergrundgeschichte wird im handgezeichneten (und damit kostengünstigen) Intro erzählt.

Das Projekt kam keineswegs aus dem Nichts, Into the Dark hieß bereits der Siegerbeitrag von Homegrown Games zum „Scariest games Contest“ der Plattform Gamersfeed. Die Jury begründete ihre durchaus kontroverse Entscheidung (einige der Mitbewerber waren grafisch und technisch bedeutend aufwändiger produziert) mit dem eigenwilligen „B-Movie-Charme“ des Demolevels. Darauf aufbauend entstand dann das Spiel, welches seit Anfang November 2012 erhältlich ist.

Ohne Publisher-Hilfe aus eigenen (spärlichen) Mitteln finanziert, ist die Entwicklung eines 3D Games eine nicht gerade einfache Aufgabe – zumindest wenn der Look nicht hoffnungslos veraltet wirken soll, um zumindest einigermaßen mit aktuellen Titeln mitzuhalten. Homegrown Games arbeitete mit einem Kernteam von 5 Personen, zwei davon im Studio Wieselburg (Österreich), der Rest in Rumänien. Zahlreiche 3D Modelle wurden zusätzlich aus Kostengründen nicht-exklusiv lizenziert oder von anderen Independent-Entwicklern kostenlos zur Verfügung gestellt.

Das Endergebnis – eine skurrile Gameplay & Mythen Mixtur

(Spoilers ahead)

Bis zum bitteren Ende: entweder durch Rätseln oder mit Waffengewalt.

Spielerisch zeigt sich Into the Dark als Mischung aus Adventure & Shooter und weist gegenüber vergleichbaren Spielen eine interessante Besonderheit auf: Der Spieler entscheidet selbst, ob er eher den Rätselhinweisen folgt oder sich auf den Pfad der Gewalt begibt. In 8 der 10 Level kann er sich so seine eigene Gameplaymixtur zusammenstellen, das als Tagebuch dargestellte Missionlog hilft ihm dabei. Shooterspieler erhalten so bis zu 12 verschiedene Waffen, von der Standardpistole bis zum Granatwerfer, während mehr als 80 Rätsel auf den Tüftler warten. Allerdings sind diese eher einfach gehalten und können meist durch genaues Absuchen der Umgebung, Aufsammeln von Gegenständen und Anwenden derselben (das geschieht beinahe immer über die ENTER Taste) gelöst werden. Homegrown Games nennt dies (etwas euphimistisch) „Investigation Game“. Wer sich in Titeln wie Amnesia darüber ärgerte, dass er die bizarren Kreaturen nicht handfest bekämpfen konnte, findet hier einen alternativen Ansatz, während er sich durch die haarsträubende Story mit einigen durchaus abstrusen Wendungen rätselt oder schießt.

Auch bei den branchenüblichen Achievements beweisen die Entwickler Humor.

Diese ist das „Kernstück“ des gesamten B-Movie und Trash-Ansatzes, den Homegrown Games angekündigt hatte. Die bewusst einfach gehaltene Grundhandlung rund um einen abgebrannten Privatdetektiv (Peter Brenner alias Pete O´Brannon), der von einer ebenso undurchsichtigen wie attraktiven Businessfrau (Samantha Miller) angeheuert wird und sich in einer gigantischen Verschwörung wiederfindet, sollte nicht nur Kinofreunden von Film Noir-Klassikern wie Chinatown über den einzigartigen Animationsstreifen Falsches Spiel mit Roger Rabbit bis hin zu neueren Werken durchaus bekannt sein. Hier wird sie allerdings mit Mutanten, Nazizombies, Zombieprostituierten, Hentai-Elementen, rücksichtslosen CIA-Agenten und schlussendlich sogar Naziufos zu einem abstrusen Kongolomerat verwoben, welches um innere Logik bemüht ist, aber bei jeder weiteren Steigerung lauthals „Nimm mich nicht ernst!“ schreit. Dazu werden technisch schlecht aufgenommene, aber herrlich trashige Dialoge (wobei Pete mit einem Schwarzenegger-Akzent katastrophales Englisch spricht) geliefert, und um ganz sicher zu gehen, wurden noch zahlreiche Gags eingebaut – beim Betrachten eines an ehemalige Wehrmachtssoldaten gerichteten Plakates singen Pete und Sam „Springtime for Hitler“ aus The Producers, beim Lösen eines mechanischen Rätsels ertönt die McGyver-Melodie, und gegen Ende des Spiels muss Schrödingers Katze gefüttert werden.

Fazit: Licht und Schatten aus dem Alpenvorland

Nichts für schwache Nerven: Into the Dark, ein Spiel so schrecklich wie die Nacht.

Nicht nur die versprochene B-Movie Atmosphäre, auch die Horror Atmosphäre und einige gut gelungene Schockmomente zeichnen das Spiel mit seinem Comedy-Horror-Mix aus. Wie in Army of Darkness gibt es neben vielen Lachern auch gepflegtes Gruseln. Monster (die teilweise wieder an Spiele wie Resident Evil erinnern) überraschen in dunklen Gängen, schaurige Kinderchöre und gedämpftes Babygeschrei zehren an den Nerven, und ein nächtliches Spielen im abgedunkelten Zimmer lässt spätestens dann den Adrenalinspiegel steigen, wenn der Protagonist aufgrund erlittener Verletzungen seine Umgebung nur noch als pochende, blutverschmierte Verzerrung wahrnimmt. Spätestens dann wirkt das nächste Lachen befreiend.

Allerdings gibt es einige teils gravierende Kritikpunkte. Auch wenn die von anderen Entwicklern entliehenen oder lizenzierten Gegner- und Waffenmodelle mit aktuellen Großproduktionen zumindest ansatzweise mithalten können, wirkt die Grafik insgesamt um 5-6 Jahre veraltet. Die technische Qualität der Tonaufnahmen ist teils katastrophal, und einige Bugs und Abstürze der (mittlerweile per Patch verbesserten) deutschen Verkaufsversion trüben das Spielvergnügen. Deutliche Qualitätsmängel in allen relevanten Bereichen (Story, Grafik, Sound etc.) mögen größtenteils durchaus gewollt sein und tragen auch einiges zum liebevollen Charme einer möglichen Trash-Perle bei, man kommt jedoch bei all den Unzulänglichkeiten immer wieder zur Gewissheit, dass es andere Indie-Entwickler (mit ebenfalls sehr geringem Budget) bereits besser hinbekommen haben.

Diese Erkenntnis vermag vor allem zu Beginn den Spaß am Spiel zu trüben, aber wer sich tatsächlich auf Into the Dark einlässt und den ’speziellen‘ Unterhaltungswert erkennt, für den bleibt unterm Strich ein in seiner Intention einzigartiges und als Trash-Erlebnis erinnerungswürdiges Spiel mit einigen unübersehbaren qualitativen Mängeln, über die man mit zugedrückten Augen und ausreichend Sympathie für die Entwickler hinwegsehen kann.

Interview mit dem Entwickler

Dessen ist sich auch Johann „Ivan Ertlov“ Ertl, Projektleiter, Hauptdarsteller und Geschäftsführer von Homegrown Games, durchaus bewusst, wie er im Interview verrät:

  • Into the Dark ist nun bereits seit einigen Wochen auf dem Markt und führt bei Spielern wie bei den Kritikern zu stark geteilten Meinungen. Neben einigen Lobeshymnen gibt es auch den einen oder anderen Verriss zu lesen. Vor allem die technische Qualität wird selbst bei positiven Reviews kritisiert. Was davon ist aus eurer Sicht berechtigt?
  • Ivan Ertlov: „Die Kritik an der Technik ist durchaus berechtigt. Wir arbeiten mit Budgets im Bereich von 5-15 Prozent jener Mittel, die selbst Mittelklasseproduktionen vergleichbarer Genres zur Verfügung haben. Mit den Lizenzkosten einer sogenannten AAA-Engine müssen wir 2-4 vollständige Spiele produzieren. Die Grafikqualität leidet hier als Erste, die technische Qualität der Sprachausgabe war allerdings ein negativer Ausrutscher und wird uns so nicht mehr passieren.“
  • Die Antwort klingt nicht nach vollständiger Zufriedenheit mit dem eigenen Produkt, sehe ich das richtig?
  • Ivan Ertlov: „In der Tat. Neben vermeidbaren technischen Schwächen ist das Spiel noch nicht 100%ig das, was es in meiner ursprünglichen Konzeption hätte werden sollen.“
  • Was ist eurer Meinung nach der Hauptgrund wieso das Spiel trotz großer technischer Mängel von vielen Käufern so positiv aufgenommen wird?
  • Ivan Ertlov: „Weil es eine willkommene Abwechslung zu den jährlich wiederkehrenden Aufgüssen alter Spielereihen, zu bierernst und dabei gleichzeitig peinlichst politisch korrekten und auf Hochglanz polierten Multimillionenproduktionen ist. Und weil Leute derben Humor endlich auch abseits von Point & Click Adventures und deutschen Rollenspielen sehen wollten.“
  • Nazizombies, Schockeffekte, anstößige Inhalte, etc. … das sind Elemente die viele Leute abschrecken. Welche Zielgruppe wollt ihr mit Into the Dark ansprechen, für wen habt ihr euer Spiel entwickelt?
  • Ivan Ertlov: „Die Zielgruppe ist klein – vielleicht noch kleiner als unser Budget. Im Prinzip richtet sich das Spiel an Leute die ein Faible für B-Movies von Evil Dead bis zu Megashark vs. Giant Octopus haben und Computerspielen selbst zumindest nicht abgeneigt sind. Zudem wird ein gewisses Alter für das Erkennen der Popkultur-Referenzen, eine gewisse Allgemeinbildung in Bezug auf die Insider-Gags und eine gewisse Mindestintelligenz benötigt, um das Spiel wirklich genial zu finden. Vielleicht kommt deswegen auch das überschwänglichste Lobesfeedback von Frauen, die sind ja angeblich intelligenter und so.“
  • Gibt es bereits Ideen für einen Nachfolger. Was dürfen sich die Spieler davon erwarten?
  • Ivan Ertlov: „Der Nachfolger Into the Ice wurde ja schon im Abspann angekündigt. Eine verbesserte technische Qualität, eine noch längere Kampagne und vor allem noch mehr trashige Szenen. Wir verhandeln gerade sowohl mit Megashark als auch mit Giant Octopus bezüglich eines Gastauftrittes. Spielerisch wird es zwei größere Neuerungen geben, eine davon der fasci-nation Wert, der wiedergibt, inwiefern sich der Protagonist von der gegnerischen Propaganda einlullen lässt – er kann sogar zum Überläufer werden.“
  • Euer Team ist im Moment sehr überschaubar. Gibt es bereits Planungen die Anzahl der Mitarbeiter zu erhöhen, um qualitativ hochwertigere Spieler entwickeln zu können, oder wollt ihr auch in Zukunft die Teamgröße klein halten, um flexibel zu bleiben und eure Ideen unabhängig verwirklichen zu können?
  • Ivan Ertlov: „Wir werden 2-3 zusätzliche Freelancer an Bord holen.“
  • Unter unseren Lesern gibt es sicher eine Menge Personen die selbst schon mit dem Gedanken gespielt haben in dieser Branche aktiv zu werden und eigene Filme und Spiele entwickeln wollen. Was würdest du denen mit auf den Weg geben?
  • Ivan Ertlov: „Tut es! Schlachtet Euren Erbonkel oder pumpt Euer Sparschwein an (respektive umgekehrt) und legt los! HD Cams mit guter Bildqualität sind unter 1000 Euro am Markt, Spieleengines mit einem Grundstock an fertigen Assets gratis oder sehr günstig zu haben. Was zählt, ist Eure Ausdauer, die Motivationsfähigkeit Eures Teams und Eure Idee selbst. Den Rest kann man lernen.“

Wer nun Interesse an Into the Dark bekommen hat, erhält den besten Einblick in das Spiel im mittlerweile bereits berüchtigten Let’s Play von GameTube, in dem auf besonders humorvolle Art und Weise durch das Spiel geführt wird:

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