Nachdem Disney mit den erfolgreichsten Blockbustern aller Zeiten die Kinoleinwände gestürmt hat, erobert der Konzern mit Baby Yoda nun unsere Herzen und Internetanschlüsse. Disney+ heißt der neue Streaming-Dienst, der neben bekannten Disney-Klassikern, „Simpsons“ und Blockbustern wie „Avatar“ auch neue Geschichten im „Star Wars“ und im „Marvel Cinematic Universe“ anbietet. Wer kann da schon ‚nein‘ sagen?
Aktuell sind drei Folgen der ersten „Star Wars“-Realserie auf Disney+ im deutschen Raum veröffentlicht. Was bisher geschah, könnt ihr in unserem Review zu „Folge 1: Der Mandalorianer“ und „Folge 2: Das Kind“ nachlesen. Zusätzlich widmen wir uns den Abenteuern des Mandalorianers und seines Zöglings Baby Yoda auch in unserem neuen Podcast-Format „Eskapoden„. In „Eskapoden“ wollen wir uns Spielen, Filmen, Serien, der Popkultur generell und der Freude am Eskapismus zuwenden. „The Mandalorian“ eignet sich für diesen Zweck ausgezeichnet, wie wir finden. Auch die dritte Folge: Der Fehler haben wir bereits in einer Eskapode besprochen.
Kapitel 3: „Der Fehler“ – „The Sin“
Allein, wie Filmtitel (in diesem Fall: Episodentitel) übersetzt werden, ist schon spannend. Das englische ‚Sin‘ entspricht bekanntlich dem deutschen ‚Sünde‘ und nicht ‚Fehler‘. ‚Sünde‘ hingegen hat eine stärkere religiöse Konnotation als ‚Fehler‘ und einem starres Korsett fast religiöser Regeln scheinen ja auch der Mandalorianer-Orden und die Kopfgeldjäger-Gilde zu folgen, wie wir in „Kapitel 3: Der Fehler“ sehen.
Zu Beginn der Folge fliegen Mando (Pedro Pascal; „Game of Thrones“, „Narcos“) und Baby Yoda in der Razor Crest zu jenem Planeten, auf dem er den Kopfgeldjäger-Auftrag annahm. Jenen Planeten, auf dem Greef Karga (Carl Weathers; „Rocky“, „Predator“) und die Kopfgeldjäger sind, auf dem sich die Mandalorianer im Untergrund aufhalten und auf dem der Klient (Werner Herzog; „Fitzcarraldo“) auf Baby Yoda wartet.
Viel Stahl für ein Kind
Während Mando mit Greef Karga funkt, versucht Baby Yoda immer und immer wieder, einen Knauf von einem Schalthebel zu drehen. Mit der Geduld einer Raubtiermutter setzt Mando ihn immer und immer wieder zurück. Eine kurze Szene, die zeigt, dass Mando dem kleinen grünen Baby ruhig, kompetent und wohlgesonnen begegnet. Wird er ihn den skrupellosen Ex-Imperialen überlassen?
Nach der Landung folgt ein hübscher langer Establishing-Shot der Siedlung. Mando geht durch enge Gassen, bis er an der Hintertür des Klienten ankommt. Er überlässt ihnen Baby Yoda und nimmt das mandalorianische Stahl dankend als Bezahlung an. So richtig wohl scheint er sich aber nicht zu fühlen, als Baby Yoda verschwindet. Wo sind die moralischen Grenzen eines Kopfgeldjägers? Kann man ein Baby – auch wenn es fünfzig Jahre alt ist – einfach so verkaufen? Der Klient, der gerade mit einer großen Menge des wertvollen Stahls bezahlt hat, kommentiert den Deal so: „Unfortunately finding a Mandalorian in these trying times is more difficult than finding the steel.“ Eigentlich auch spannend, ich hatte nämlich nicht den Eindruck, dass es auf diesem Planeten zu wenig Mandalorianer gibt.
Bräuche und Riten der Mandalorianer
Mando geht mit dem Stahl zum Orden der Mandalorianer. Er überquert einen Marktplatz, wo man wieder die kleinen kowakianischen Echsenaffen sieht, die hier offensichtlich als Nahrung gelten. Wir kennen die rattenartigen Tierchen aus Jabbas Palast in „Episode 6: Rückkehr der Jedi Ritter“. Bei den Mandalorianern taucht die Serie in dieser Episode tiefer in die Kultur dieses Ordens ein. Wirklich glücklich sind die Überlebenden von imperialen Säuberungen nicht darüber, dass sie für Ex-Imperialen Aufträge erfüllen müssen. Andererseits ist die große Menge mandalorianischen Stahls durchaus ein gutes Argument. Es ist genug, um Mandos beschädigte Rüstung zu erneuern. Trotzdem kommt es zu einer Meinungsverschiedenheit mit einem anderen großen Mandalorianer, den erst die Schmiedin mit einem Machtwort beenden kann.
Mando soll außerdem eine Art Insignie für das Erlegen des Mudhorns, des Monsters aus der vorigen Folge, bekommen. Er lehnt jedoch ab, weil ein Feind – Baby Yoda – geholfen habe. Seine eigene Aussage zwingt Mando, zu reflektieren. Ist Baby Yoda wirklich ein Feind? Kann er ihn ohne weiteres seinem Schicksal überlassen? Immerhin hat der Kleine ihm sogar das Leben gerettet. Es ist erstaunlich, wie viel Emotion Mando trotz seines Helms nur durch Körpersprache vermittelt. Statt der Insignie als Belohnung wählt er zusätzlich ‚whistling Birds‘, eine praktische Waffe, die später zum Einsatz kommen wird. Als Mantra der Mandalorianer lernen wir den Spruch „This is the way“ kennen. Der Spruch scheint für Zusammenhalt zu stehen und hat mehr Bedeutung, als etwa die kleine Meinungsverschiedenheit.
In einer Rückblende – die wie die meisten Rückblenden in allen Filmen immer ziemlich cheesy daherkommt – sehen wir bruchstückhafte Erinnerungen aus Mandos Kindheit, wie seine Eltern niedergemetzelt werden. Wir erfahren ein bisschen mehr über den Hauptcharakter. Gleichzeitig lassen ihn diese Erinnerungen wohl daran denken, dass er gerade ein hilfloses Kind finsteren Mächten überlassen hat.
Einer gegen alle
Greef Karga, den er daraufhin aufsucht, sagt ihm, dass ihn die meisten anderen Kopfgeldjäger nun hassen. Er selbst aber sei Mando positiv gesinnt, weil er auch daran mitverdient habe. Mando bittet um einen Auftrag fernab dieser Geschehnisse. In der Razor Crest erinnert ihn allerdings der Hebel, mit dem Baby Yoda anfänglich gespielt hat, an eben diesen. Gewissensbisse plagen Mando. Uns Zuschauenden wird das schlicht durch seinen geneigten Kopf vermittelt, aber die Botschaft kommt an. Mando zweifelt. Mando beschließt, die namensgebende ‚Sünde‘ zu begehen und den Kopfgeldjäger-Code zu brechen. Er beschließt, Baby Yoda zu retten!
Mit List und Geschick kämpft er sich in die kleine Basis des Klienten, holt Baby Yoda und metzelt sich zurück in die Freiheit. Als er umzingelt wird, duckt er sich und die zuvor gekauften ‚Whistling Birds‘ – kleine zielsuchende Mini-Raketen – erfüllen ihren Zweck. Sie sind ein klassisches Tschechows Gewehr – in diesem Fall Tschechows zielsuchende Miniraketen, mit denen ich allerdings ein Problem habe. Zum einen liegt für mich zu wenig Distanz zwischen Einführung und Verwendung, zum anderen ist der Moment, in den Mando stolpert, offensichtlich nur dafür da, um diese kleinen Raketen zu demonstrieren. Dramaturgisch finde ich den Moment persönlich schlampig und unnötig.
Alle für einen
Im Freien angekommen sieht sich Mando der gesamten Kopfgeldjäger-Gilde gegenüber. Alle Bounty-Pucks sind wieder aktiviert worden, nachdem Mando den Code gebrochen hat. Alle Pucks sind wieder auf Baby Yoda gerichtet. In einem Kampf, der stark an klassische Western Shootouts erinnert, versucht sich Mando zur Wehr zu setzen, hat gegen die große Übermacht der Kopfgeldjäger jedoch kaum eine Chance. Auch Greef Karga ist unter den Angreifern. Erst als die anderen Mandalorianer mit Jetpacks und schweren Geschützen auftauchen, wendet sich das Blatt. This is the way, vermutlich. Einer für alle, alle für einen.
Mando erreicht die Razor Crest, in der Greef Karga lauert. Mando schießt ihn sprichwörtlich aus dem Schiff. Allerdings überlebt Greef, weil eine imperiale Dukate in seiner Brusttasche den Schuss abgefangen hat. Auch das ist ein typisches Westernmotiv – die Bibel oder der Flachmann, die den Schuss aufs Herz abwehren. Die Razor Crest startet in die Wolken. Mandalorianer, darunter der Große, mit dem Mando zuvor gestritten hatte, fliegen mit ihren Jetpacks neben ihm her und salutieren. Mando murmelt „Gotta get one of those“ und meint damit vermutlich das Jetpack. Baby Yoda hat währenddessen den Knauf des Schalthebels wieder ins Visier genommen. Mando bemerkt es, schraubt den Knauf ab und reicht ihm dem kleinen Baby Yoda. Gemeinsam fliegen sie nicht in den Sonnenuntergang, aber ins dunkle Universum.
Fazit zu Mandalorian Folge 3:
Während ich persönlich Folge 2 richtig entzückend fand, obgleich sie eigentlich nur von Mandos Jagd nach Ersatzteilen handelte, bietet „Folge 3: Der Fehler“ wieder mehr Western-Atmosphäre. Es gibt Shootouts, windige Kneipen, düstere Hintergassen, zwielichtige Gesellen und Schurken. In all diesen Elementen lässt die Serie Elemente auftauchen, die „Star Wars“-Fans kennen. Hier steht ein Twi’lek, da wird ein kowakianischer Echsenaffe gegrillt, in dieser Ecke sitzt ein Zabrak ( … Darth Maul war ein Zabrak, das sind die Gehörnten!). Selbst die Kamera vor dem Versteck des Klienten ist vom gleichen Typ wie jene aus Jabbas Palast. „Star Wars“-Kenner erkennen in Folge 3 einiges, finden sich zurecht und fühlen sich zu Hause. Genau davon lebt die Serie. Wenn man dieses ständige Fanservice als Belastung oder Zumutung empfindet, wird man mit „The Mandalorian“ wenig Freude haben. Mir persönlich gefällt es, für mich funktioniert es. Das macht aus „The Mandalorian“ rational betrachtet keine großartige Serie. Aber auf emotionaler Ebene gibt sie mir genau das, was ich von ihr erwarte. Bisher – denn es kann gut sein, dass sich dieses ständige Aufgreifen bekannter Motive um ihrer selbst willen auf die Dauer abnützt.
Ein paar Easter Eggs und Fun Facts:
Wer im „Star Wars“-Universum übrigens richtig sattelfest ist, wird noch weitere Details erkennen und dechiffrieren können. So haben etwa die Farben der Mandalorianer-Rüstungen verschiedene Bedeutungen. Ein grüner Helm bedeutet etwa ‚Pflicht‘, eine blaue Rüstung steht für ‚Verlässlichkeit‘ und die Farbe Gold, welche die Schmiedin trägt, bedeutet ‚Rache‘. Der große bullige blaue Mandalorianer, mit dem Mando sich ein bisschen streitet, heißt laut IMDB übrigens Paz Vizla. Einen Mandalorianer mit dem Nachnamen Vizla gibt es bereits in der animierten Serie „Clone Wars“, wo er von Jon Favreau gesprochen wird. Auch wenn er in den Credits nicht auftaucht, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass „Mandalorian“-Schöpfer Jon Favreau diesen Paz Vizla in Episode 3 auch spricht.
In Folge 3 enthüllt der imperiale Doktor Pershing (Omid Abtahi; „Hunger Games – Mockingjay 2“, „Love Death and Robots“, „Call of Duty – Modern Warfare“) übrigens auch das Geschlecht des jungen Baby Yodas. Laut ihm ist Baby Yoda ein ‚er‘.
Nächsten Freitag geht es weiter mit Folge 4: Sanctuary. Diese haben wir aufgrund des wöchentlichen Veröffentlichungsrhythmus‘ allerdings noch nicht gesehen.
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